Flechtarbeiten - Tsestoi // Sestalar
EMK/4/t019
Flache, kreisrunde bis ovale Körbe, deren Rand meist leicht aufgebogen ist, fehlten in keinem zypriotischen Haushalt. Die als Tsestoi (el-cy) bzw. Sestalar (tr-cy) bezeichneten Körbe werden in der Technik des Wulsthalbflechtens spiralförmig gefertigt. Sie wurden multifunktional eingesetzt: bei der Nahrungsaufnahme als Teller und Tablett, zum Trocknen verschiedenster Lebensmittel, zum Transport von Backwaren zum Backofen und retour etc. Auch während der Hochzeitszeremonie waren diese Körbe nicht wegzudenken. Auf sie wurden die Hochzeitskleider des Brautpaares zusammengefaltet gelegt und von einem roten Tuch bedeckt. Nachdem sie vom Priester oder der Bräutigammutter mit Weihrauch geräuchert wurden, nahmen drei Frauen und Männer sie nacheinander auf und tanzten damit, begleitet von Violinmusik und Gesang, in drei Kreisen um das Brautpaar. In anderen Regionen wiederum wurde ohne Musik und für die Braut und den Bräutigam separat getanzt. Für die Hochzeit türkischer Zyprioten wird ein spezieller, ganz flacher Korb (tr-cy: gelin sofrası = Tafel der Braut) geflochten.
Das Flechten der auch als Paneria (el-cy) bzw. Paneriler (tr-cy) bezeichneten Körbe war und ist Frauenarbeit und wurde von den Müttern an die Töchter weitergegeben. Als aktives Element wurden ursprünglich nur ausgesuchte Weizenhalme, seltener Blätter der Dattelpalme, verwendet. Das passive Element waren Weizenhalme minderer Qualität oder Stängel wildwachsender Pflanzen. Die traditionell vor allem in Grün- und Purpurtönen eingefärbten Halme werden beim Flechten so eingebracht, dass ornamentale, geometrische und symmetrische Muster entstehen. Dabei kommen unterschiedliche Techniken des Halbflechtens – durchstechend oder umfassend – zur Anwendung. In der bzw. den abschließenden Runden wird eine abstehende Schlaufe eingeflochten (z. B. EMK/4.554, EMK/4.558), die dazu dient, die nicht in Verwendung stehenden Körbe an der Wand aufzuhängen.
Je nach Region werden zur Verzierung einzelne Wülste zick-zack gelegt, bunte Stoffstreifen eingearbeitet (EMK/4.559), Wülste gänzlich mit solchen überzogen (EMK/4.551), Stoffstreifenbüschel am Rand eingeflochten (EMK/4.551) oder runde Stoffstückchen auf die fertige Flechtarbeit aufgenäht, aber auch gänzlich undekorierte Körbe (EMK/4.554) werden hergestellt. Dass die Farbgebung nach jeder Runde wechselt (EMK/4.551, EMK/4.552/000), ist eine jüngere Entwicklung. Heute werden zudem bunte, gesplissene Umreifungsbänder, Überbleibsel aus dem Handel (EMK/4.552/000, EMK/4.557), oder die ebenso aus Kunststoff gefertigten Geschenkbänder (EMK/4.549, EMK/4.556) als aktives Element verwendet. Dadurch stehen mit den neuen Materialien auch weitere Farben zur Auswahl. Muster lösen sich von den traditionell geflochtenen und entwickeln sich zu neuer Gestaltung, die auch Schriftzüge umfasst. Auch ganz neue Korbwaren, beispielsweise tiefe Körbe mit und ohne Deckel zur Aufbewahrung von Brot, Obst und anderen Lebensmitteln werden in dieser Technik hergestellt. Als Souvenir werden Miniaturkörbe als Schlüssel- und Kettenanhänger oder Kühlschrankmagnete angeboten.
Im Laufe der Jahrzehnte wurden diese Körbe von anderen Haushaltsutensilien abgelöst, die Durchmesser wurden kleiner und die Dicke der Wülste größer. Noch sind sie in vielen Haushalten zu finden, manchmal aber ist ihre Funktion vor allem auf die der Wanddekoration reduziert, wobei hier gelegentlich asiatische Massenware anzutreffen ist. Was nicht überrascht, denn der für einen in Zypern geflochtenen Korb bezahlte Preis steht in keinem Verhältnis zu dessen Arbeitsaufwand und bietet einen schwachen Anreiz, das Flechten dieser flachen Körbe zu erlernen bzw. auszuüben.
Die Anfang der 1980er-Jahre von türkischen Zyprioten gegründete Volkskunstgesellschaft (Halk Sanatları Derneği, HAS-DER), hat diesen Körben eine zweisprachige Monografie gewidmet und eine Ausstellung von über 70 unterschiedlichen Exemplaren wiederholt im In- und Ausland gezeigt, zuletzt im Jahr 2006 in Brüssel.
Das Flechten der auch als Paneria (el-cy) bzw. Paneriler (tr-cy) bezeichneten Körbe war und ist Frauenarbeit und wurde von den Müttern an die Töchter weitergegeben. Als aktives Element wurden ursprünglich nur ausgesuchte Weizenhalme, seltener Blätter der Dattelpalme, verwendet. Das passive Element waren Weizenhalme minderer Qualität oder Stängel wildwachsender Pflanzen. Die traditionell vor allem in Grün- und Purpurtönen eingefärbten Halme werden beim Flechten so eingebracht, dass ornamentale, geometrische und symmetrische Muster entstehen. Dabei kommen unterschiedliche Techniken des Halbflechtens – durchstechend oder umfassend – zur Anwendung. In der bzw. den abschließenden Runden wird eine abstehende Schlaufe eingeflochten (z. B. EMK/4.554, EMK/4.558), die dazu dient, die nicht in Verwendung stehenden Körbe an der Wand aufzuhängen.
Je nach Region werden zur Verzierung einzelne Wülste zick-zack gelegt, bunte Stoffstreifen eingearbeitet (EMK/4.559), Wülste gänzlich mit solchen überzogen (EMK/4.551), Stoffstreifenbüschel am Rand eingeflochten (EMK/4.551) oder runde Stoffstückchen auf die fertige Flechtarbeit aufgenäht, aber auch gänzlich undekorierte Körbe (EMK/4.554) werden hergestellt. Dass die Farbgebung nach jeder Runde wechselt (EMK/4.551, EMK/4.552/000), ist eine jüngere Entwicklung. Heute werden zudem bunte, gesplissene Umreifungsbänder, Überbleibsel aus dem Handel (EMK/4.552/000, EMK/4.557), oder die ebenso aus Kunststoff gefertigten Geschenkbänder (EMK/4.549, EMK/4.556) als aktives Element verwendet. Dadurch stehen mit den neuen Materialien auch weitere Farben zur Auswahl. Muster lösen sich von den traditionell geflochtenen und entwickeln sich zu neuer Gestaltung, die auch Schriftzüge umfasst. Auch ganz neue Korbwaren, beispielsweise tiefe Körbe mit und ohne Deckel zur Aufbewahrung von Brot, Obst und anderen Lebensmitteln werden in dieser Technik hergestellt. Als Souvenir werden Miniaturkörbe als Schlüssel- und Kettenanhänger oder Kühlschrankmagnete angeboten.
Im Laufe der Jahrzehnte wurden diese Körbe von anderen Haushaltsutensilien abgelöst, die Durchmesser wurden kleiner und die Dicke der Wülste größer. Noch sind sie in vielen Haushalten zu finden, manchmal aber ist ihre Funktion vor allem auf die der Wanddekoration reduziert, wobei hier gelegentlich asiatische Massenware anzutreffen ist. Was nicht überrascht, denn der für einen in Zypern geflochtenen Korb bezahlte Preis steht in keinem Verhältnis zu dessen Arbeitsaufwand und bietet einen schwachen Anreiz, das Flechten dieser flachen Körbe zu erlernen bzw. auszuüben.
Die Anfang der 1980er-Jahre von türkischen Zyprioten gegründete Volkskunstgesellschaft (Halk Sanatları Derneği, HAS-DER), hat diesen Körben eine zweisprachige Monografie gewidmet und eine Ausstellung von über 70 unterschiedlichen Exemplaren wiederholt im In- und Ausland gezeigt, zuletzt im Jahr 2006 in Brüssel.
Abb. 1: Volkskundemuseum Wien / Foto: Christa Knott
Abb. 2: Eine Frau beim Flechten eines flachen Korbes aus eingefärbten Getreidehalmen, 2015. Foto und © Margit Z Krpata
Abb. 3: Frau Chrystalla Protopapa beim Flechten eines flachen Korbes aus gesplissenen Umreifungsbändern in Nikosia, 1989. Foto und © Margit Z Krpata
Abb. 4: Begonnene Flechtarbeit und Arbeitsutensilien von Frau Chrystalla Protopapa in Nikosia, 1989. Foto und © Margit Z Krpata
Abb. 5: Volkskundemuseum Geroskipou: Ein für den Hochzeitstag geschmückter Raum, an den Wänden hängen Textilien, flache Körbe (tsestoi) und zwei Flechtkreuze (psatharoudes), 1980er-Jahre. © Cyprus Museum
Abb. 6: Mit dem Stempel (stamba) gestempelte Brote (artoi) auf einem flachen Korb (tsestos) für die Abendandacht in Menoiko, 1990er-Jahre. © No. 14 from the album "Cyprus - a Treat for the Soul", ISBN: 9963903622
Abb. 7: Ein speziell zu Weihnachten gebackenes Brot (gennopitta) auf einem flachen Korb (tsestos), 1990er-Jahre. © No. 9 from the album "Cyprus - a Treat for the Soul", ISBN: 9963903622
Abb. 8: Frau Charalambou mit einem flachen Korb (tsestos) in Menoiko, nach 1993. © No. 1 from the album "Cyprus - a Treat for the Soul", ISBN: 9963903622
Abb. 9: Bei einem Totengedächtnis (mnimosyno), auf einem flachen Korb (tsestos) die Totenspeise (kollyva), 1989. © Pierre Couteau 1989, EDITIONS OMNI CARD, Limassol
Abb. 10: Gewürze auf einem flachen Korb mit eingearbeiteten Stoffstreifen (tsestos), 1990er-Jahre.
© No. 10 from the album "Cyprus - a Treat for the Soul", ISBN: 9963903622
Abb. 11: Ein Mann demonstriert das Einritzen von Mustern in eine Kalebasse (kolodschin); eine Frau stickt an einer Lefkara-Spitze (lefkaritiko); eine Frau demonstriert das Spinnen mit einem Hochwirtelspindel (adrachtin); die Töpferin Maroulla Georgiou in Kornos baut ein Gefäß auf; das aus dem Ofen geholte Ostergebäck (flaounes) liegt auf dem flachen Korb (testos), 1980er-Jahre. © A.N.P., Nicosia
Abb. 2: Eine Frau beim Flechten eines flachen Korbes aus eingefärbten Getreidehalmen, 2015. Foto und © Margit Z Krpata
Abb. 3: Frau Chrystalla Protopapa beim Flechten eines flachen Korbes aus gesplissenen Umreifungsbändern in Nikosia, 1989. Foto und © Margit Z Krpata
Abb. 4: Begonnene Flechtarbeit und Arbeitsutensilien von Frau Chrystalla Protopapa in Nikosia, 1989. Foto und © Margit Z Krpata
Abb. 5: Volkskundemuseum Geroskipou: Ein für den Hochzeitstag geschmückter Raum, an den Wänden hängen Textilien, flache Körbe (tsestoi) und zwei Flechtkreuze (psatharoudes), 1980er-Jahre. © Cyprus Museum
Abb. 6: Mit dem Stempel (stamba) gestempelte Brote (artoi) auf einem flachen Korb (tsestos) für die Abendandacht in Menoiko, 1990er-Jahre. © No. 14 from the album "Cyprus - a Treat for the Soul", ISBN: 9963903622
Abb. 7: Ein speziell zu Weihnachten gebackenes Brot (gennopitta) auf einem flachen Korb (tsestos), 1990er-Jahre. © No. 9 from the album "Cyprus - a Treat for the Soul", ISBN: 9963903622
Abb. 8: Frau Charalambou mit einem flachen Korb (tsestos) in Menoiko, nach 1993. © No. 1 from the album "Cyprus - a Treat for the Soul", ISBN: 9963903622
Abb. 9: Bei einem Totengedächtnis (mnimosyno), auf einem flachen Korb (tsestos) die Totenspeise (kollyva), 1989. © Pierre Couteau 1989, EDITIONS OMNI CARD, Limassol
Abb. 10: Gewürze auf einem flachen Korb mit eingearbeiteten Stoffstreifen (tsestos), 1990er-Jahre.
© No. 10 from the album "Cyprus - a Treat for the Soul", ISBN: 9963903622
Abb. 11: Ein Mann demonstriert das Einritzen von Mustern in eine Kalebasse (kolodschin); eine Frau stickt an einer Lefkara-Spitze (lefkaritiko); eine Frau demonstriert das Spinnen mit einem Hochwirtelspindel (adrachtin); die Töpferin Maroulla Georgiou in Kornos baut ein Gefäß auf; das aus dem Ofen geholte Ostergebäck (flaounes) liegt auf dem flachen Korb (testos), 1980er-Jahre. © A.N.P., Nicosia
CC BY-NC-SA für alle Abbildungen Volkskundemuseum Wien / Foto: Christa Knott; alle anderen Abbildungen siehe Copyright-Angabe oben
Weiterführende Informationen
Literatur onlineNikosia - Cyprus Food and Nutrition Museum: flache Körbe
Nikosia - Cyprus Handicraft Service: Broschüre zu Flechtarbeiten (Griechisch)
Literatur klassisch
Anıl, Engin & Öcal Erten: Geleneksel el sanatlarımızdan biri "sele" [Eine unserer traditionellen Handarbeiten "sele"]. In: Halkbilimi - Halk sanatları derneği yayınıdır 47/1999, S. 90-99.
Ionas, Ioannis / Ιωνάς, Ιωάννης: Παραδοσιακά επαγγέλματα της Κύπρου [Traditionelle Berufe Zyperns]. Nikosia 2001 (= Δημοσιεύματα του Κέντρου Επιστημονικών Ερευνών 37), hier S. 496.
Michalopoulou-Charalambous, Charikleia / Μιχαλοπούλου-Χαραλάμπους, Χαρίκλεια: Λαϊκή χειροτεχνία και κειμήλια Περιστερωνοπηγής. Από τον πλούτο της Μεσαορίας [Volkshandwerk und Andenken von Peristeronopigís. Aus dem Reichtum der Mesaoría]. Nikosia 1993, hier S. 221-226.
Nebih, Ali & Garanti, Nesil: Sesta - geçmişten bugüne ... / Sesta - from past to present ... Nikosia 2010.
Papademetriou, Eleni / Παπαδηµητρίου, Ελένη: Η λαϊκή τέχνη της Κύπρου. / Cyprus folk art. Nikosia 1996, hier S. 72-75.
Rizopoulou-Igoumenidou, Effrosyni / Ριζοπούλου-Ηγουμενίδου, Ευφροσύνη: Η εθνογραφική συλλογή του ομίλου Λαϊκής [Die ethnografische Sammlung des Volksbank Konzerns]. Nikosia 2006, hier S. 260-263.
Yolga, Candaş: Kuzey Kıbrıs’ın somut olmayan kültürel mirası. / The intangible cultural heritage of north Cyprus. Nikosia 2019, hier S. 310-314.
Bild-/Filmmaterial Zypern
Arsos - Community Improvement Association: Frauen fertigen koulouria aus Teig, die sie auf einen flachen Korb legen
Bild-/Filmmaterial außerhalb Zyperns
Stockholm - Medelhavsmuseet: ein für die Hochzeit geschmückter Raum (pastos), an den Wänden Teile der Aussteuer, neben Textilien und Tellern eine Reihe flacher Körbe (C00754)
Stockholm - Medelhavsmuseet: Blick in einen Raum, das sog. Hochzeitszimmer, eines Dorfvorstehers, an den Wänden sind Geschenke und Teile der Aussteuer präsentiert (JL168)
Objekt nimmt Bezug auf
Zu dieser Gruppe gehören folgende Objekte: EMK/4.549 Flacher Korb
EMK/4.550 Flacher Korb
EMK/4.551 Flacher Korb
EMK/4.552/000 Flacher Korb und Materialprobe
EMK/4.553 Flacher Korb
EMK/4.554 Flacher Korb
EMK/4.556 Flacher Korb
EMK/4.557 Flacher Korb
EMK/4.558 Flacher Korb
EMK/4.559 Flacher Korb
Vergleichbare Objekte in online zugänglichen Sammlungen
Außerhalb Zyperns
Göteborg - Världskulturmuseet: ein flacher Korb mit eingeflochtenen Stoffstreifen (1909.05.0022)
Oxford - Pitt Rivers Museum: ein flacher Korb (1990.20.7)
Wien - Volkskundemuseum: mehrere flache Körbe (Korb)
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