Laufende Entwicklungen, Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Forschungsprozess des Realfiktion Klimarechnungshof.
Lose Enden
Eintrag: 15.1.2024, von Niklas Schrade
Wie wiederholt in diesem Forschungstagebuch angeführt, hat sich die konkrete Ausführung der Realfiktion Klimarechnungshof hauptsächlich im Laufe des Projekts entwickelt. Mit wem wir an welchem Ort und in welcher Form einen Klimarechnungshof auf- und darstellen, war zu Projektbeginn offen. Die Dynamik des Feldes und die in hohem Maße improvisierte Vorgehensweise hat zur ständigen Veränderung und Entwicklung des Projekts beigetragen. Dadurch sind Ideen aufgekommen und verworfen worden, Planungen wurden abgeändert, angepasst, haben an Wichtigkeit verloren und sind untergegangen. Auf eingeschlagenen Wegen wurde umgedreht oder abgekürzt. Die zeitliche Begrenzung erfordert, dass wir das Projekt auf verschiedenen Ebenen abschließen. In erster Linie gehören dazu unterschiedliche Publikationen: Zuvorderst der obligatorische Abschlussbericht an den FWF, der die Finanzierungsebene beschließt. Ebenso haben wir über die gesamte Projektphase an mehreren Texten gearbeitet oder diese geplant. Der Veröffentlichungsstatus liegt dabei nicht mehr immer in unserer Hand, da die Texte teilweise Beiträge von (unveröffentlichten) Buchprojekte sind und somit anderen Zeitlichkeiten unterliegen, die nicht unbedingt mit dem Ende des Forschungsprojekts zusammenfallen.
Gleichzeitig zum Abschlussbericht haben wir einen Finanzierungsantrag für ein Folgeprojekt entworfen und eingereicht. Nach Abschluss der Förderung des Forschungsprojekts war der Plan, die Inhalte im Format „Wissenschaftskommunikation“ zu verbreiten. Da dieser Antrag leider nicht bewilligt wurde, steht noch im laufenden Projekt die Aufgabe an, nach Alternativfinanzierungen für beispielsweise die Produktion eines Langfilms aus den Episodenfilmen zu suchen.
Grundsätzlich hat diese Unklarheit über die Form des möglichen Fortbestehens des Klimarechnungshofs dazu geführt, dass wir in den letzten Monaten mehrgleisig planen und arbeiten mussten. Unsere Outlets wie Instagram, Kampagnenwebsite oder Newsletter-Mailingliste mussten gleichzeitig für einen endgültigen Schluss Ende Jänner wie auch für ein mögliches nächstes Projekt, in welchem diese wichtigen Kanäle weitergeführt würden, vorbereitet werden.
Andere Produkte des Projekts sind zwar abgeschlossen, aber nicht vollständig wie das Glossar mit Begriffen zum Klimarechnungshof. Oder sie werden (derzeit) nicht mehr benötigt, existieren aber weiter im Keller des Volkskundemuseums, wie etwa das Material für das Bühnenbild unserer Veranstaltungen. Teilweise kann es für andere Events verwendet werden, so wie auch wir Figuren aus der Ausstellung „VON ZWENTENDORF ZU CO₂ – Kämpfe der Umweltbewegung in Österreich“ (01-03/2023) in unser Bühnensetting übernehmen durften. Die Klimarechnungshof-spezifischen Dinge sind dagegen erstmal in einen archivierten Zustand übergegangen. Dazu gehören auch die haptischen Prüfgegenstände, die Bürger:innen zur Eingabe mitgebracht haben. In diesem Zusammenhang überlegen wir, wie wir mit den über unsere Website eingegangenen Prüfvorschlägen umgehen. Es war für uns klar, dass wir nicht alle Anliegen im dritten Akt, der Prüfung, darstellen konnten. Doch mit der Eingabe von Vorschlägen haben die Eingebenden eine gewisse Erwartung an den Klimarechnungshof geäußert, der wir bisher nicht nachgekommen sind. Diese Liste befindet sich derzeit lediglich in unserem Datenspeicher – was soll also damit passieren?
In dem besagten Datenspeicher haben wir über die letzten zwei Jahre viel Wissen gesammelt und geteilt, so wie jedes Teammitglied ganz eigenes Wissen erlangt hat. Dieses kann und wird nur in Teilen in Berichten und Artikeln, Filmen und Folgeprojekten sichtbar werden. Nichtsdestotrotz wird es aber sicher in verschiedener Form weitergetragen. Dabei zählt nicht nur „hartes“ Wissen über Kennzahlen und Institutionsrecht, sondern auch Wissen über Beziehungen, wie Kontakte aufgenommen und gepflegt werden können. Für das Projekt haben wir ein Netzwerk von Klimawissenschafter:innen und Aktivist:innen aufgebaut, die den Klimarechnungshof mitgeprägt haben. Im informellen Rahmen bleibt dieser sicher bestehen, allerdings war das Projekt ein Ankerpunkt, bei dem viele Personen direkt und Anlass bezogen zusammengekommen sind. Menschen haben sich – hoffentlich – nachhaltig kennengelernt, um auch über die Realfiktion hinaus gemeinsame Interessen zu verfolgen.
Dies gilt auch für das Projektteam. Das erlangte Wissen wird sicherlich in nahe und weiter entfernte Projekte einfließen und so wurden auch die anfangs angesprochenen Ideen zwar für den Moment verworfen, schweben aber vielleicht weiterhin herum.
Ein riskantes Projekt
Eintrag: 5.1.2024, von Niklas Schrade
Das Forschungsprojekt „Realfiktion Klimarechnungshof – Pre-Enacting Climate Change Knowledge“ wird durch das FWF 1000-Ideen-Programm gefördert, welches sich explizit auf riskante Forschungsprojekte konzentriert.
Was bedeutet Risiko in einem Forschungsprojekt? Gemeinhin wird Risiko mit der Gefahr des Scheiterns, also dem Nicht-Erreichen geplanter Ziele oder dem Eintreten eines Schadens oder Nachteils nach einer getroffenen Entscheidung assoziiert. Als Forschungsteam mussten wir uns wie im Antrag an den FWF mit den Risiken auseinandersetzen, die eine Realfiktion in sich birgt. Heute können wir sagen, wir haben unsere Acts erfolgreich durchgeführt und die Realfiktion insgesamt in die überzeugende Form der Kampagne „Klimarechnungshof Jetzt! Klimaschutz braucht Kontrolle“ gegossen. Wir sind nicht gescheitert, also ist alles gut gegangen.
Obwohl wir also mit den bisherigen Ergebnissen zufrieden sind, gab es trotzdem einige Risiken, die uns fortwährend begleitet haben. Während wir uns einige, eher hinderliche lieber erspart hätten, haben sich andere hingegen für die Realfiktion und unser Verständnis von dieser Methode als prägend erwiesen.
Konkreter gefasst unterliegt ein Antrag zur Projektförderung immer dem Risiko, nicht bewilligt zu werden. Doch auch inhaltlich lag in unserem Antrag von Beginn an die Gefahr, von der Realpolitik „überholt“ zu werden. Nämlich, dass der Klimarechnungshof oder eine Institution mit ähnlicher Aufgabe vor Projektbeginn eingesetzt worden wäre. Dann wäre unsere realfiktive Gründung wohl nur schwer möglich, unter Umständen sogar hinfällig gewesen.
Unsere antizipative Forschungsmethode – den Klimarechnungshof vorausgreifend selbst zu gründen – enthielt an sich ein Risiko, welches aber in der experimentellen Methodik begründet lag und für das Projekt notwendig war. Wir bewegten uns in einem dynamischen sozialen Feld, in das wir durch unsere Selbstplatzierung eingegriffen haben. Reaktionen auf das Projekt waren nicht vorherzusehen und die Konstellationen konnten sich jederzeit ändern, was die Planungen durcheinanderwerfen konnte und eine hohe Flexibilität der Forschung erforderte. Dazu haben wir ausgewählte (ästhetische) Strategien wie die Kampagne und den Film genutzt, um den interaktiven Prozess zu gestalten, einzufangen und alle Ebenen darzustellen.
Im weiteren Verlauf des Projekts ist uns mit der Einführung unserer Kampagne „Klimarechnungshof Jetzt!“ ein Risiko begegnet, das wir nicht antizipiert hatten: Könnte die realpolitische Idee eines Klimarechnungshofs und der aktivistische Kampf dafür von der Realfiktion beschädigt werden? Diese Sorge wurde im Planungsprozess in einem Expert:innengespräch aufgeworfen; im Laufe des Projekts hat sie sich als eher unbegründet herausgestellt. Stattdessen sind wir selbst zu realfiktiven Aktivist:innen für den Klimarechnungshof geworden bzw. wichtiger: wir haben eine veritable Plattform für Aktivismus geschaffen.
Aber auch organisatorischen Risiken mussten wir begegnen: Im Vorhinein und während des Projekts hat uns immer wieder das Risiko des Scheiterns unseres ambitionierten Zeitplans verfolgt. Haben wir uns zu viel vorgenommen? Kommen wir noch hinterher oder können wir unsere Pläne nicht mehr erfüllen? Immer wieder mussten wir Abwägen, welcher nächste Schritt zu schaffen war und wie wir unsere Ressourcen verteilen sollten. In Teilen ist uns diese Planung nicht gelungen. Für die inhaltliche Ausgestaltung und Durchführung der Realfiktion als Filmdreh hatten wir zum Beispiel zu wenig Zeit eingeplant und die Zuständigkeiten und Aufgaben innerhalb des Teams nicht eindeutig geklärt. Das doch recht kleine Projektteam musste eine Vielzahl von unterschiedlichen Bereichen abdecken, was ein gewisses Risiko der fehlenden Expertise im einzelnen Aufgabengebiet mit sich brachte, weshalb wir häufig improvisiert haben. Wir haben zudem ganz deutlich die unterschiedlichen Zeitlichkeiten von Projektarbeit gespürt, die mal mehr, mal weniger intensive Kommunikation erfordern. Unter Zeitdruck konnte nicht immer jede Sicht auf die Prioritäten von Abläufen berücksichtigt werden oder Informationen weitergeleitet werden. Die daraus entstandenen Missverständnisse zu lösen, kostete wiederum Zeit. Durch dieses kurzfristige Problemlösen fehlte allerdings Zeit für eine längerfristige, die gesamte Projektlaufzeit umfassende Planung.
Die spezifische Herangehens- und Produktionsweise – gefilmte, live durchgeführte Veranstaltungen mit Klimaexpert:innen – verlangen in Teilen den Verzicht auf Kontrolle und die Offenheit für eine stark improvisierte Vorgehensweise: Regie- und Dispopläne sind kurzfristig ausgearbeitet und wieder angepasst worden, wodurch die Probezeiten gegen null gingen; die Protagonist:innen waren keine ausgebildeten Schauspieler:innen, sondern verfügen „nur“ über Klimawandel-Wissen, welches sie in den Veranstaltungen darstellen sollten; die Technik musste mitspielen; Menschen mussten mitmachen und zuschauen.
Wären zentrale Teilnehmende zum Beispiel krankheitsbedingt ausgefallen, hätten die Filme nicht in der letztendlichen Form zustande kommen können. Bei dem für das kleine Projekt hohem inhaltlichem und organisatorischem Aufwand, den die Filmproduktion mit sich brachte, hat das etwaige Fernbleiben von Mitmachenden für das Team bis jeweils zur letzten Minute vor Drehbeginn eine Spannung, um nicht zu sagen Anspannung mit sich gebracht, die wir aus anderen Forschungssituationen nicht kannten oder denen dort eher individualisiert begegnet wird.
Hier zeigt sich ein ganz grundsätzliches Risiko kollaborativer Forschung, die auf die Beteiligung von Expert:innen und einer Öffentlichkeit angewiesen ist. Gerade die unterschiedlichen Expert:innen (aus Wissenschaft, Administration und Aktivismus) haben eine zentrale Rolle in der Planung eingenommen. Es war allerdings unklar, ob und wie sie sich auf das „Spiel“ einlassen würden. Überraschender- und glücklicherweise wurde die Realfiktion als wissenschaftlicher und theatraler Modus mit großem Interesse aufgenommen, die Besonderheit des Ansatzes schien ein produktives Moment zu erzeugen. [SIEHE WEITERES IN FRÜHEREN BEITRÄGEN] Allerdings bringt das öffentliche Auftreten ein Risiko der Kritik oder Ablehnung mit sich. Das gilt für uns, vor allem aber für die Expert:innen, die darauf vertrauen mussten, dass wir ein gutes Ergebnis in ihrem Namen/mit ihrem Gesicht veröffentlichen. Bisher haben wir zumindest keine Beschwerden erhalten.
Die Risiken haben sich letztlich nicht als Gefahren für den Erfolg des Projekts herausgestellt. Das Begreifen, Hinterfragen und der Umgang mit den vorhandenen Risiken waren aber essentiell, um der Methodik der Realfiktion Rechnung zu tragen.
Mitmachen und Teilnehmen am Filmdreh
Eintrag: 15.12.2023, von Niklas Schrade
Ein nicht ganz unwesentliches Element von Veranstaltungen ist die Verpflegung der Teilnehmenden. Umso mehr, wenn sie,wie der Klimarechnungshof, einen Tag lang dauern oder in die Abendstunden gehen. So war ich als studentischer Mitarbeiter bei unseren 3 Workshops und 5 Acts für das Buffet zuständig. Das hieß Catering organisieren oder Essen selbst besorgen, Schnittchen schneiden, Buffet einrichten und immer wieder nachbefüllen, und natürlich auch hinterher ab- und aufräumen.
Das war zuerst nicht die wissenschaftliche Arbeit, die ich mir als meine Aufgabe in einem Forschungsprojekt vorgestellt hatte. Doch mit der Zeit habe ich das Buffet als einen wichtigen Ort für das Projekt erkannt. Da unsere Veranstaltungsräume für den Filmdreh meistens als Blackbox jedem Tageslicht und Lärm entzogen werden mussten, haben wir Essen und Getränke fast immer räumlich getrennt aufgebaut; in den Pausen konnten sich die Teilnehmer:innen nicht nur erfrischen und stärken, sondern auch wieder laut und informell, d.h. gelöst vom dramaturgischen Ablaufplan, unterhalten. Hier kamen die Projektmitglieder, die Mitwirkenden und das Publikum zusammen.
In diesen Momenten des Austauschs konnte man die Leidenschaft der Menschen für das Thema spüren, ob Projektmitglieder, Teilnehmende oder Zuschauer:innen. In lockerer Runde wurde weiter diskutiert und zugehört. Insoweit haben die Veranstaltungen auch als Vernetzungstreffen funktioniert, engagierte Menschen, die sich schon oder noch nicht kannten, sind zusammen- und ins Gespräch gekommen.
Zu Beginn des Projekts konnte ich mir selbst nicht vorstellen, dass sich so viele Personen unentgeltlich mit so viel Energie für ein Projekt einsetzen würden, welches sie zudem nicht selbst initiiert haben. Denn die Protagonist:innen unserer Aufführungen hatten eine besondere Rolle inne: Als Gesichter der Kampagne haben sie den Klimarechnungshof in der Öffentlichkeit repräsentiert, obwohl sie in die strategische Planung nur in Teilen integriert waren. Denn in den vorbereitenden Workshops und Vorgesprächen hatten die Expert:innen zwar ihr Wissen eingebracht, die Übersetzung in die Dramaturgie und damit die Akte war jedoch Aufgabe des Projektteams.
Dabei hat die Realfiktion als neuer wissenschaftlicher Forschungsmodus aber vor allem auch als Arbeitsmodus des „Making Climate Public“ sehr geholfen. Teilnehmer:innen und Publikum haben großes Interesse für diese experimentelle Spielweise gezeigt, in diesem Rahmen ihr Klimawandelwissen einzubringen. Ohne dieses gemeinsame Ausprobieren wäre es sicherlich schwieriger gewesen, die große Zahl an Wissenschaftler:innen und Klimaaktivist:innen in unserem eher kleinen Projekt zur Beteiligung zu bewegen.
Die Zusammensetzung hat sich durch die Acts stark gewandelt bzw. hat sich der Kreis der Beteiligten erweitert. In unseren frühen Planungen gingen wir von festen Gesichtern des Klimarechnungshofs aus, bspw. einer vorsitzenden Kommission. Allerdings ließen sich diese festen Rollen nicht umsetzen, unter anderem weil dies eine verbindliche terminliche Koordination gebraucht hätte, die schlichtweg unmöglich war. Dennoch sind viele Personen über den Verlauf des Projekts interessiert geblieben und immer wieder dazugestoßen. Teilweise sind sie ins Publikum gewechselt, welches eine sehr viel aktivere Rolle als Zuschauer:innen im Theatersaal eingenommen hat. Dabei waren wir uns im Vorhinein gar nicht klar darüber, ob wir überhaupt ein Publikum bei unseren Aufführungen haben möchten und können. Der Klimarechnungshof war allerdings immer partizipativ angedacht, was sich mit der Einführung des Kampagnen-Narrativs nur verstärkt hat. Daher haben wir die Acts schließlich bewusst offen und mit öffentlicher Beteiligung geplant. Ebenso waren die Zuschauer:innen für den Film wichtig: so wurde das Publikum immer wieder genau platziert, um es auch gut im Bild zu haben.
Wie konnten Personen nun konkret am Filmdreh teilnehmen und wie haben wir sie erreicht? Die Rollen von Publikum und Protagonist:innen waren in den Aufführungen nicht strikt getrennt. Explizit war der Austausch und das Einbringen von Wissen erwünscht. Grundsätzlich hatten wir wechselnde Zuschauer:innen bei den verschieden Acts. Einige Personen waren regelmäßig zu sehen, andere sind einmalig für bestimmte Aufführungen gekommen, aus spezifischem Interesse oder auch weil das Zuschauen bei unserem Filmdreh doch sehr anstrengend war; langes Warten vor und Stillsein während der Szenen, Wiederholungen von Wortmeldungen für ein besser eingefangenes Bild und die stickige Luft im schwarz-verhangenen Raum beanspruchten viel Kraft und Nerven.
Die Personen, welche sich rein fürs Zusehen angemeldet haben, haben wir auf verschiedenen Wegen erreicht. Mit einem Teil waren wir für die inhaltliche Planung im persönlichen Kontakt oder sie haben in früheren Acts eine zentralere Rolle eingenommen. Andere haben wir über die Kampagne und ihren öffentlichen Auftritt – website und social media – erreicht, wieder andere über Aussendungen des Forschungsprojekts und des Volkskundemuseums. So kam es zu einer breiten Mischung an Personen, die zugesehen und sich eingebracht haben. Sie alle haben sich in den Pausen gestärkt und geplaudert. Das Buffet wurde somit zu einem wichtigen Ort für Begegnung, informellen Austausch und Vernetzung und zu einem elementaren Teil des Forschungsprojekts. Mein Blick auf den Klimarechungshofwurde gerade in diesen Zwischenräumen geschärft und das Bild des Klimarechungshofs erweitert. Der Klimarechnungshof wurde nicht nur in den Aufführungen, sondern eben genau hier, beim Zusammenkommen der unterschiedlichsten Personen mit Leben gefüllt. Das Klimaengagement unserer Teilnehmer:innen hat den Klimarechnungshof aufgebaut und ihm seine Form gegeben.
Wenn aus der Realfiktion eine Kampagne wird
Eintrag: 10.8.2023, von Niklas Schrade
Im Antrag für das Forschungsprojekt war die Kampagne „Klimarechnungshof Jetzt! Klimaschutz braucht Kontrolle“ nicht enthalten und auch in der frühen Planung der Realfiktion ist sie nicht zu finden. Dies zeigt sich auch in den früheren Beiträgen dieses Forschungstagebuchs. Schlussendlich ist sie aber zur zentralen Akteurin des Forschungsprojekts geworden und hat maßgeblich das Erscheinungsbild und die Planung der theatralen Aufführungen (Acts) des Klimarechnungshofs bestimmt.
In den beiden vorherigen Einträgen dieses Forschungstagebuchs haben wir den praktischen Aufbau des Projekts und unseren ersten Act betrachtet. In diesem Text greife ich den Modus der Kampagne nochmal auf und frage mich, was diese besondere Arbeitsform in der Realfiktion Klimarechnungshof ermöglicht/verunmöglicht hat.
Grundsätzlich begreife ich die Kampagne „Klimarechnungshof Jetzt! Klimaschutz braucht Kontrolle“ als ein Narrativ, ein Erscheinungsbild der theatralen, performativen Seite der Realfiktion Klimarechnungshof, des Pre-Enactments. Ist das Kampagnenformat über die Realfiktion hinaus gegangen? In welchem Verhältnis stehen realfiktives Format und realpolitische Kampagne?
Die Idee, den Klimarechnungshof in der Form einer Kampagne ins Leben zu rufen, entstand aus der Frage, wie sich die realfiktive Institution in der Realität platzieren würde. Wird der Klimarechnungshof öffentlich gegründet oder behaupten wir dessen Gründung einfach? In einem unserer Jour Fixe kam die Idee des „Kampagnen“-Narrativs auf, welche uns trotz zunächst kontroversen Diskussionen nicht mehr losließ. Wir haben uns dennoch für das Kampagnenformat als dramaturgischen Rahmen entschieden, um die Einführung eines österreichischen Klimarechnungshofs zu fordern und ihn gleichzeitig innerhalb der Kampagne selbst zu testen. Da die Politik nicht aktiv wurde, wollten wir dadurch zeigen und lernen, wie eine solche Institution arbeiten würde.
Diese Entscheidung gab dem gesamten Forschungsprojekt ein neues Gesicht: jede Form der Planung, Kommunikation und Aufführung fand entsprechend der Erzählung der Kampagne statt. Die Kampagne hat das (realpolitische) Ziel in eine realpolitische Form gebracht, die ebenfalls Gegenstand der Acts war.
In einer linearen Struktur erzählen die Akte jetzt nicht nur wie geplant die aufeinander aufbauenden Arbeitsschritte eines Rechnungshofs, sondern auch die Entwicklung der Kampagne (s. Eintrag „Kurze Einführung in die Projektstruktur“, 21.2.23). Diese Rahmung der Acts war eine dramaturgische Entscheidung, die Momente der Mobilisierung, des Abwägens der Strategie etc. mit erzählbar machte und damit den Klimarechnungshof als politisches Projekt noch „realer“. Damit einhergehend war ein relevanter Punkt für die Acts, wie gut sie sich filmisch inszenieren ließen, um für die Kampagnenfilme verwendbar zu sein. Die Kampagnenform ermöglichte uns, abwechslungsreiche Bilder zu erzeugen.
Das Kampagnen-Narrativ brachte eine weitere Komplexitätsstufe in das Projekt. So mussten wir nicht mehr nur die wissenschaftliche Forschungsebene mit der realfiktiv- performativen ausloten, sondern in allen Planungen stets die Kampagnenlogik beachten. Beispielsweise hat sie den Kreis der Expert:innen um Kampagnenmacher:innen erweitert und die Rolle der Teilnehmenden bestimmt. Sie waren nicht mehr nur Wissenschaftler:innen und Aktivist:innen oder Mitarbeiter:innen des Klimarechnungshofs, sondern Initiator:innen und Gesichter einer Kampagne.
Projektintern diskutierten wir sehr häufig über die Verortung der Kampagne: Wie fiktiv oder real sollte die Kampagne für den Klimarechnungshof sein? Dies geschah auch aus Vorsicht, die Aktivitäten realer Klimaschutzkampagnen nicht zu schwächen. Schlussendlich haben wir das Projekt realpolitisch in einem fiktiven Modus der Antizipation verankert, nicht zuletzt, weil nicht Schauspieler:innen, sondern reale Akteur:innen wie Klimaaktivist:innen oder engagierte Wissenschaftler:innen vor der Kamera standen und sich selbst spielten. Diese Fokussierung war gleichzeitig hilfreich, um den Klimarechnungshof und die Realfiktion nach außen zu kommunizieren.
Versuchten wir zunächst, innerhalb der Kampagne das Forschungsdesign nicht anzusprechen, da wir fürchteten, andere reale‘ politische Kampagnen zu unterminieren und das geschlossene Bild zu brechen, wurde uns bald klar, dass eine Abgrenzung zwischen Forschung und Kampagne nicht durchsetzbar und auch nicht nötig war. Während der Durchführung der Akte kamen stets neue Fragen auf, wie Forschungsprojekt, realfiktive Aufführung und realpolitische Kampagne zusammengedacht werden müssen. Dabei war die Kampagnenerzählung einerseits eine Hilfe, da sie ein klares öffentliches Bild gegeben hat, andererseits verlangt die Erzählung eine spezifische Form, welche wir gemeinsam finden und in die wir die Forschungsarbeit einpassen mussten.
In der Rückschau fällt es mir schwer, das Projekt ohne die Kampagne zu denken. Hatte ich vor den Acts noch Schwierigkeiten alle Ebenen zu verbinden, ist es nun schwer, sie zu entwirren. Die Kampagne „Klimarechnungshof Jetzt! Klimaschutz braucht Kontrolle“ ist zu weitaus mehr als nur einem Narrativ geworden, als dramaturgische Form wurde sie zum Kernstück unseres gesamten Projekts. Die Ergebnisse und das Material sind maßgeblich von ihr beeinflusst; das Projekt „Realfiktion Klimarechnungshof“ kann nicht mehr ohne Kampagne gedacht werden.
Realfiktion Klimarechnungshof #Act1: Der Aufruf
Eintrag: 9.3.2023, von Rebecca Akimoto & Niklas Schrade
Nach einer intensiven Vorbereitungsphase fand am 2.12.2022 #Act1 der Realfiktion Klimarechnungshof statt. Verschiedene Expert:innen, Aktivist:innen und Bürger:innen versammelten sich mit unserem Team im Volkskundemuseum, um die erste theatrale Inszenierung unseres Projekts zu realisieren. Dabei wurden die Teilnehmenden direkt vor der Kamera aktiv, indem sie einen Aufruf zu #Act2, der Versammlung, verfassten und letztendlich individuell in die Kamera einsprachen. Der Aufruf wird in schriftlicher und audiovisueller Form auf der Website der realfiktiven Kampagne Klimarechnungshof jetzt! erscheinen und lädt die interessierte Öffentlichkeit zu einem gemeinsamen Austausch über Klimaschutzkontrolle und deren Umsetzung ein.
Sowohl zeitlich als auch räumlich ist die Veranstaltung in drei Schritten (Begrüßung und Vorstellung des Projekts, Ausformulierung Aufruf, Einsprechen Aufruf) abgelaufen, die durch verschiedene Prozesse vorbereitet und begleitet wurden.
Das Projektteam mit einem Filmemacher, Mitarbeitende des Volkskundemuseums und drei Studierende aus der Lehrveranstaltung Kulturwissenschaftliche Werkstatt des Instituts für Europäische Ethnologie kamen bereits vor 9.00 Uhr im Museum zusammen, um letzte Vorbereitungen zu treffen. Alle Zuständigkeiten waren bereits festgelegt und auch sonst waren die einzelnen Schritte genau geplant. Das Museumspersonal war informiert, die Bereiche für den Filmdreh mit Schildern gekennzeichnet und auch eine Maskenbildnerin für den Dreh war anwesend.
Die Begrüßung und Vorstellung des Projekts wurde von unserem Team im Balkonzimmer des Museums ab 10.00 Uhr abgehalten, wobei es hier bereits zu einem regen Austausch mit und zwischen den Teilnehmenden kam. Unsere Idee von der Umsetzung der Realfiktion Klimarechnungshof als realfiktive Kampagne mit dem Untertitel Klimaschutz braucht Kontrolle wurde mit großem Interesse angenommen. Es kamen sowohl Fragen zur Weiterführung des Projekts und der Kampagne in der Zukunft als auch zum Institutionendesign eines Klimarechnungshofs auf: Braucht Klimaschutz wirklich Kontrolle? Was suggeriert eigentlich der Begriff Kontrolle in diesem Zusammenhang? Etwas, dass der Klimaschutz kontrolliert werden soll in dem Sinne, dass Bürger*innen vor zu viel Klimaschutz geschützt werden sollten? Eine Möglichkeit, die wir gar nicht bedacht hatten. Sollten wir deshalb den Begriff fallen lassen, oder gerade nicht, um mit diesem Missverständnis zu spielen? Jedenfalls waren sich die Anwesenden darüber einig: die Kampagne soll reale Forderungen stellen.
Obwohl dieser erste Teil bereits mehr Zeit als geplant in Anspruch nahm, konnten wir hier schon für die Ausarbeitung des nächsten kollaborativen Workshops (CEW) zum Institutionendesign interessante Anstöße sammeln.
Während der lebhaften Diskussion im Balkonzimmer, liefen nebenbei Prozesse hinter den Kulissen ab, um einen reibungslosen Übergang zum zweiten Teil der Veranstaltung zu ermöglichen. Kamera und Licht wurden noch einmal abschließend eingestellt und das Buffet zur Stärkung aller Beteiligten im Sekretariat vorbereitet.
Dafür wurde vom Balkonzimmer in den angrenzenden Blauen Salon gewechselt, der am Abend zuvor in ein Filmset verwandelt worden war. Hier versammelten sich die Teilnehmenden als Fürsprecher:innen von Klimaschutzkontrolle an einem großen Tisch, um vor laufender Kamera den Aufruf zu einer Versammlung auszuarbeiten: Die Dreharbeiten für #Act1 hatten begonnen. Obwohl der Austausch durch das Umkreisen mit Kamera und Mikrofon zunächst gehemmt erschien, löste sich die Anspannung nach kurzer Zeit. Sehr schnell wurde über Formulierungen und Fakten eines mittlerweile sehr realen Aufrufs gerungen. Dabei wurden sowohl wissenschaftliche Expertise als auch aktivistische Anliegen und Erfahrungswissen eingebracht. Das Projektteam bot den Teilnehmenden zum Verfassen des Aufrufs eine Textstruktur an, diese blieb aber ungenutzt. Stattdessen hielten die Beteiligten ihre Notizen auf einer großen Papierbahn in der Mitte des Tisches fest und formulierten einen eignen, klar umrissenen Text. Während einer kurzen Buffetpause gab unser Team dem Aufruf den dramaturgischen Feinschliff. Anschließend einigte sich die Gruppe noch einmal vor der Kamera auf die Endfassung. Aus den geplanten 60 Minuten waren zwei Stunden geworden. Nun konnte der Text auf den Teleprompter übertragen werden und der letzte Schritt beginnen: das Einsprechen des Aufrufs.
Im dritten Abschnitt der Veranstaltung wurde der zuvor formulierte Aufruf von den Teilnehmenden einzeln eingesprochen. Dafür war in der Bibliothek des Museums bereits am Vorabend ein Filmset eingerichtet worden. Während bis dahin alle sehr konzentriert gemeinsam gearbeitet haben, konnten nun unterschiedliche Dinge parallel stattfinden: In der Bibliothek entstand sukzessive eine Aufnahme nach der anderen; am Buffet hatten die wartenden Mitwirkenden die Möglichkeit, sich zu stärken, miteinander im Gespräch zu bleiben und sich in die Liste für die Folgeveranstaltungen eintragen zu lassen; im Blauen Salon und Balkonzimmer wurde währenddessen schon abgebaut.
So konnten die letzten Gäst:innen wie geplant gegen 16 Uhr das Haus verlassen und auch die Studierenden machten sich langsam auf den Weg. Ein langer, intensiver und sehr erfolgreicher Tag, durch den und an dem die Fiktion des Klimarechnungshof eine Stufe realer geworden ist.
Die in den beiden Filmsets gewonnenen Aufnahmen werden nun vom Projektteam zu einem Kurzfilm zusammengeschnitten, der voraussichtlich mit dem Launch der Kampagnenwebsite klimarechnungshof.jetzt online gehen wird.
Mit #Act1 und dem Aufruf hat nun der zweite Teil des Forschungsprojekts begonnen. In diesem wird der Klimarechnungshof in der Kampagne klimarechnungshof.jetzt ins Leben gerufen.
Kurze Einführung in die Projektstruktur
Eintrag: 21.2.2023, von Milena Bister & Niklas Schrade
Das Forschungsprojekt Realfiktion Klimarechnungshof entwickelt eine Kombination aus wissenschaftlichen und performativ-theatralen Methoden, die während der Projektlaufzeit umgesetzt werden. Die inhaltlichen Fragestellungen (genaueres im Abschnitt Weiterlesen) werden auf zwei miteinander eng verschränkten Wegen verfolgt: einerseits in kollaborativen experimentellen Workshops (Collaborative Experimental Workshops, CEWs) und andererseits in szenischen Aufführungen des Klimarechnungshofs (Acts).
Das in den CEWs zwischen Wissenschaftler:innen, Aktivist:innen und weiteren Klimaexpert:innen erarbeitete Klimawandelwissen, Institutions- und Prüfwissen wird in diesem Projektdesign spekulativ auf die performative/imaginative Ebene der Acts übertragen. In den Acts führen Klimaexpert:innen aus den unterschiedlichsten Bereichen die Arbeit des imaginierten Klimarechnungshofs vor laufender Kamera in den Räumen des Volkskundemuseums auf und erzeugen damit einen öffentlichen Raum, in dem die fachlichen Debatten rund um Klimaschutzmaßnahmen öffentlich erfahrbar werden.
Diese Projektstruktur wurde zu Projektbeginn in einem gemeinsamen Arbeitsprozess innerhalb des Teams, aber auch im Austausch mit den beteiligten Expert:innen, weiter ausformuliert. Hinzu kam ein in die Acts eingebundenes Narrativ, nämlich die realfiktive Kampagne Klimarechnungshof jetzt! Klimaschutz braucht Kontrolle. Die behauptete Kampagne verleiht seither der Realfiktion ihr dramaturgisches Gewand. Sie wird organisatorisch vom Projektteam und inhaltlich von den Expert:innen in der Rolle als Fürsprecher:innen des Klimarechnungshofs umgesetzt. Die Kampagne ist in fünf Acts eingeteilt, welche größtenteils vor Publikum aufgeführt und audiovisuell aufgezeichnet werden. Letztlich werden die Acts in Kurzfilmen auf der Kampagnenwebsite klimarechnungshof.jetzt dargestellt werden. Zusätzlich wird mit den Expert:innen ein Videoglossar erarbeitet und ebenfalls auf der Website veröffentlicht, welches zentrale Begrifflichkeiten und Konzepte des Klimarechnungshofs erläutert.
Was in den fünf Acts geschieht
Act 1: Eine Gruppe von Klimaschützer:innen erörtert die Notwendigkeit der Kontrolle über Klimaschutzmaßnahmen und schickt einen Aufruf zu einer Versammlung an die interessierte Öffentlichkeit. Sie wollen gemeinsam über Methoden und Wege diskutieren und herausfinden, in welcher Form demokratische Kontrolle geschaffen und ausgeübt werden kann.
Act 2: In dieser einberufenen Versammlung entschließen sich die Fürsprecher:innen dazu, die Kampagne Klimarechnungshof jetzt! – Klimaschutz braucht Kontrolle ins Leben zu rufen und im Zuge dessen die Arbeit des Klimarechnungshofs selbstständig zu beginnen. Dabei sollen unter anderem Wirksamkeit und Funktionsweisen dieser Institution geprüft, erprobt und veranschaulicht werden.
Act 3: Als eine erste Amtshandlung bittet der Klimarechnungshof die Öffentlichkeit um eine Eingabe von Prüfgegenständen. Relevante, diskutierte oder öffentlich fast vergessene Bereiche und Objekte werden vor den Klimarechnungshof getragen.
Act 4: In der Prüfung werden drei ausgewählte Prüfgegenstände, welche den klimabilanzrelevanten Bereichen Mobilität, Energie und Landwirtschaft zuzurechnen sind, erörtert und somit die Arbeits- und Funktionsweise des Klimarechnungshofs offen gelegt.
Act 5: Die Ergebnisse der Prüfungen werden in einer Pressekonferenz verkündet und vorgestellt.
Die Inhalte der realfiktiven Aufführungen werden wissenschaftlich erarbeitet. Das hierfür notwendige Wissen wird in Recherchen und in drei kollaborativen Workshops (CEWs) generiert, in welchen Wissenschaftler:innen, Aktivist:innen und weitere Klimaexpert:innen zusammenkommen. Der erste CEW hat mit der Auswahl der Prüfbereiche bereits zu Projektbeginn stattgefunden. Die beiden weiteren CEWs werden Fragen des Institutionendesigns sowie die Bearbeitung konkreter Prüfgegenstände behandeln.
Zum CEW 2 am 3.2.2023 im Volkskundemuseum Wien
Zum CEW 3 am 6.3.2023 im Institut für Europäische Ethnologie
Das Institutskolloquium „Wetter/Wissen“ als Inspiration für den Klimarechnungshof
Eintrag: 31.08.2022, von Rebecca Akimoto & Niklas SchradeKlima und Wetter sind nicht dasselbe und doch verweisen sie aufeinander und werden im Alltagsverstand eng miteinander verknüpft: Extreme Wetterphänomene können beispielsweise das Bewusstsein für Klimawandel schärfen und dabei sogar alarmierend wirken. Wie ist die historische Genese von Wetter-Klimawandelwissen? Welche Effekte hat Wetterwissen auf Klimawandelwissen heute? Mit den unterschiedlichen Formen dieses (Alltags-)Wissens hat sich das Institutskolloquium "Wetter/Wissen: Kulturanalytische Perspektiven auf Zustände der Atmosphäre“ im Sommersemester 2022 am Institut für Europäische Ethnologie der Universität Wien beschäftigt. Wir, das Team der „Realfiktion Klima:rechnungshof“, haben die Vorträge mit großem Interesse verfolgt.Die von Christian Elster und Anna Weichselbraun organisierte Vortragsreihe hat zunächst einmal gezeigt, wie vielfältig die Disziplinen sind, in denen Wetter/Wissen untersucht wird: Die Vortragenden kamen aus den Kultur-, Rechts-, Geschichtswissenschaft, aber auch aus dem Bereich der Performance/Medien-Kunst. So hat die Filmaufzeichnung der Inszenierung „Forecast“ von Ari Benjamin Meyers (Berlin) den katastrophalen Ausgang einer aufgeladenen Wetter-Atmosphäre thematisiert. Die Collage hat eine Lesung aus historischen (außer)alltäglichen Wetterberichten mit der Geschichte des US-Bürgerrechtsanwalts David Buckel, der sich 2018 aus Protest gegen die Ursachen der Klimakrise selbst in Brand setzte, und Livemusik verbunden. Über weniger dramatische, aber dennoch performative Wechselwirkungen zwischen spezifischen Klimawandelstimmungen und Alltag hat die Europäische Ethnologin Oliwia Murawska (Universität Innsbruck) vorgetragen. Anhand von sogenannten autoethnographischen Einstimmungen, zum Beispiel in Schön-Wetter-Gesprächen, untersucht sie Kipppunkte im Klimawandelalltag. Gerade die Aspekte der Inszenierung und Stimmungen sind für die realfiktive Umsetzung des Klima:rechnungshof in Acts von besonderem Interesse.Besonders relevant für unser Projekt waren die Vorträge von Oliver Geden und Rupert Stuart-Smith. Der Europäische Ethnologe Geden (Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin), der als Experte für Klimapolitik schon an unserer ersten Veranstaltung Klimarechnungshof #1: Making Climate Public teilgenommen hat, argumentiert, dass die Konzentration auf ein CO2-Budget den Diskurs verengt und in der politischen Praxis Unverbindlichkeit unterstützt. Auch der Klima:rechnungshof bezieht sich in seinen Prüfungen auf das globale CO2-Budget bzw. das äquivalente nationale Treibhausgasbudget. Gedens Analyse ist deshalb für die Konzeption unserer Realfiktion wichtig – sie warnt nämlich vor einer Einengung des Klima:rechnungshofs in seinem Selbstverständnis als Prüf- und Kontrollinstanz eines solchen Budgets und ermöglicht uns, auch andere Perspektiven in den Blick zu nehmen.Stuart-Smith (Oxford University) zeigte hingegen auf, inwiefern Klimawissenschaft und wissenschaftliche Daten in die Rechtsprechung integriert werden können. Für seine Studie betrachtet er zum Beispiel den Fall der Volumenvergrößerung des Palcacocha-Sees in Peru. Grund für den Anstieg des Wasserspiegels ist eine Gletscherschmelze, die sich auf einen durch Treibhausgasemissionen ausgelösten Temperaturanstieg zurückführen lässt. Diese Wassermassen erhöhen das Risiko für Überschwemmungen in der Gegend, welche nicht zuletzt viele Todesopfer fordern könnten. Mit der Erkenntnis einer anthropogenen Bedingtheit von Klimawandelfolgen (in diesem Fall des Gletscherseeanstiegs) lassen sich laut Studie konkret anzuklagende Akteur*innen, nämlich Treibhausgasemittent*innen, finden und vor Gericht haftbar machen. An diesem Fall war für uns vor allem die vorausgreifende Dimension von Interesse. Denn auch unser Forschungsprojekt setzt an der spekulativen Möglichkeit der Institutionalisierung von wissenschaftlichem Klimawandelwissen in ein vorhandenes institutionelles System an. Stuart-Smith stellt für das Rechtssystem fest, dass dies bei genauer Kenntnis der institutionellen Prinzipien und Strukturen durchaus möglich und erfolgreich ist.Wenngleich diese beiden Vorträge für den Klima:rechnungshof besonders relevant waren, haben auch andere, thematisch scheinbar weiter entfernte Beiträge für uns wichtige Fragen aufgeworfen. So analysierte die Anthropologin und Folkloristin Dorothy Noyes (Ohio State University) den Diskurs auf Social Media über Extrem-Wetterphänomene in der Agrarlandwirtschaft des Mittleren Westens der USA und der Weingebiete Frankreichs. Dabei stellte sie fest, dass sich der öffentliche Diskurs über die Wetterereignisse und Maßnahmen zur Bekämpfung in den Regionen stark unterscheiden und verband dies mit der These, dass für einen effektiven Umgang mit dem Klimawandel ein „common ground“ über diesen notwendig sei. Die in Frankreich bestehende öffentliche Anerkennung des Klimawandels als etwas wissenschaftlich Bewiesenes und Menschengemachtes bietet durch bürokratische Verfahren der Bearbeitung einen solchen common ground und damit eine – vergleichsweise! – bessere Grundlage für den effektiven und aktiven Umgang mit dieser Krise. Kann ein Klima:rechnungshof einen solchen common ground bilden? Die Diskussion über und das Finden bzw. Experimentieren von neuen Maßnahmen gegen den Klimawandel, wozu auch die Realisierung eines Klima:rechnungshofs zählt, hängt also stark davon ab, in welcher Form Klimawandelwissen in der Öffentlichkeit besprochen wird. #MakingClimatePublic!Das Programm des Institutskolloquiums findet sich auf der Website des Instituts für Europäische Ethnologie, Interviews mit Vortragenden auf dem Institutsblog.Prozesse aus dem Hintergrund in den Vordergrund rücken
Eintrag: 26.7.2022, von Niklas Schrade & Rebecca AkimotoEinleitungDer letzte Eintrag im Forschungstagebuch liegt nun schon einige Monate zurück. Was ist in der Zwischenzeit geschehen? Die Vorbereitungen zur realfiktiven Gründung und Umsetzung des Klima:rechnungshofs sind in vollem Gange und gleichzeitig nicht so sichtbar wie vorher. Als wir bei einem unserer Jour fixe diese Beobachtung miteinander teilen, fallen die Begriffe des Vorder- und Hintergrundes. Was hat es mit diesen Bereichen auf sich, wie entstehen sie im Zuge unseres (alltäglichen) Schaffens und wie gehen wir damit um?Im Grunde genommen beziehen sie sich auf die Sichtbarkeit der Arbeit an der Realfiktion Klima:rechnungshof. Der Vordergrund bezeichnet den Bereich, in dem zuvor im Hintergrund Verborgenes sichtbar wird. Im Falle des Klima:rechnungshofs stehen ganz vorne im Vordergrund die Aufführungen, „Acts“, die Ergebnisse und Erkenntnisse unsere Arbeit für eine interessierte Öffentlichkeit außerhalb des PECCK Teams zugänglich machen. Dementsprechend finden im Hintergrund jene Prozesse statt, die zur Vorbereitung und Entstehung dieser Ergebnisse dienen. Diese Struktur von Hinter- und Vordergründen (oder „-bühnen“) besteht aber nicht nur zwischen dem vorbereitenden Team und einem Publikum, sondern aufgrund von parallellaufenden Arbeitsprozessen auch innerhalb der multidisziplinären Arbeitsgruppe. Wenn Wissen aus einem Hinter- in einen Vordergrund verschoben wird, wird das auf diese Weise zugänglich Gemachte gefiltert. Diese Auswahl findet mal mehr mal weniger kontrolliert statt. Es ist also wichtig, die mit diesen machtvollen Prozessen einhergehende Verantwortung mitzudenken und zu reflektieren.Durch diesen Beitrag sollen vor allem der Hintergrund und damit auch die Forschungs- und Arbeitsprozesse der Realfiktion Klima:rechnungshof für eine Öffentlichkeit außerhalb unseres Teams etwas transparenter gemacht werden. Dafür möchten wir einige Einblicke in die bisherigen Arbeitsweisen des Klima:rechnungshof Projekts bieten und diese gleichzeitig reflektieren. Skills TeamSeit den letzten beiden öffentlichen Veranstaltungen, Klimarechnungshof #1 und #2 führen wir vor allem Forschungs-, Planungs- und Recherchearbeiten durch. Zunächst haben wir uns in einer Vielzahl von Treffen, die sowohl vor Ort im Volkskundemuseum Wien oder im Institut für Europäische Ethnologie als auch online auf Zoom stattgefunden haben, über die Ziele und Umsetzungsmöglichkeiten der Realfiktion Klima:rechnungshof ausgetauscht. Dabei haben alle Teammitglieder mit ihren unterschiedlichen Skills und Expertisen ihre jeweiligen Beiträge zum Prozess der Entstehung des Projekts geleistet. So zeigt sich bereits innerhalb unseres Projektteams eine Unterscheidung. Einzelne Mitglieder*innen verfügen nämlich jeweils über ein spezifisches Hintergrundwissen, welches nur in Teilen allen anderen zugänglich wird. Denn dieses professionelle Wissen beispielsweise in Dramaturgie, Wissensanthropologie oder Kuration, welches die Grundlage beziehungsweise den Hintergrund für ihre Teilnahme am Projekt darstellt, rückt in den Teamsitzungen nur punktuell in den Vordergrund und kann selten in die Tiefe gehend geteilt werden. Projektstruktur (CEWs & Acts)Prinzipiell steht bereits seit Beginn des Forschungsprojekts fest, dass die Umsetzung auf zwei Ebenen stattfinden soll. Nämlich in nicht-öffentlichen CEW (Creative Experimental Workshops) in einem geschlossenen Kreis von Expert*innen und in öffentlichen Acts vor einem Publikum. In den letzten Monaten wurde an der konkreten Umsetzung dieser CEW und Acts gearbeitet. Die Acts, welche vor den Augen eines Publikums sichtbar gemacht werden sollen, werden durch die wissensanthropologische Forschung begleitet und methodologisch ausgewertet. Diese wissenschaftliche Begleitung findet gleichzeitig im Hintergrund statt und bleibt für die interessierte Öffentlichkeit zunächst unsichtbar.Für unseren ersten CEW, der Sitzung zur Auswahl von Fallbeispielen, wurden vorbereitend zahlreiche Gespräche mit Expert*innen durchgeführt. An der Auswahlsitzung selbst haben dann Expert*innen aus verschiedenen Bereichen wie der Klimawandelwissenschaft, dem Aktivismus und der Politik teilgenommen. Da wir in unserem Projekt mit audiovisuellen Medien arbeiten, haben wir diese erste Sitzung zur internen Auswertung filmisch dokumentiert. Allgemein ist die Dokumentation der Arbeitsprozesse sehr wichtig, denn nur gesammelte Daten können letztendlich auch analysiert und zugänglich gemacht werden. Während die Auswahlsitzung für das gesamte Projekt des Klima:rechnungshofs eher die Funktion eines Hintergrundgesprächs erfüllte, wurde sie innerhalb des Teams durch die Produktion eines Films bereits zu etwas intern Veröffentlichtem. Für einen weiteren Kreis ist dieses Dokument, das den gesamten Gesprächsverlauf dokumentiert, nicht vorgesehen. Die Ergebnisse der Sitzung, d.h. die Festlegung von drei Fallbeispielen, die vom Klima:rechnungshof geprüft werden sollen, können aber schon jetzt öffentlich werden: nämlich das Auto, das Schnitzel und bis vor kurzem noch die Gas-Heizung. Im Hinblick auf die Frage nach einem Hinter- und einem Vordergrund wurde in der Auswahlsitzung demnach besprochen, welche Themen in den Vordergrund gerückt werden sollen. Arbeitsprozesse (Vorbereitung, Recherche)Auch mit dem Ablauf unserer Recherchearbeiten lässt sich diese Struktur von Vorder- und Hintergrund gut veranschaulichen. Wir sind kontinuierlich dabei, unser Wissen zu verschiedenen Themen wie zum Beispiel Klimawandel, Auditing oder Fragen der Repräsentation von Klimawandelwissen zu erweitern. Das Wissen, das von einzelnen Personen in der Recherche gesammelt wird, wird zuerst analysiert, ausgewertet und komprimiert, um es für den Klima:rechnungshof nutzbar und öffentlich zu machen. Es durchläuft dabei mehrere Etappen von Vorder- und Hintergründen, bis es, angefangen bei der individuellen Lektüre, am Ende einem hoffentlich großen Publikum präsentiert wird.Innerhalb des PECCK Teams tauschen wir uns einerseits in den Team-Meetings und per E-Mail aus, um die Ergebnisse der im Hintergrund laufenden Recherchen für das gesamte Team zugänglich zu machen. Andererseits arbeiten wir zudem mit digitalen Plattformen für die interne Veröffentlichung von Dateien, die gemeinsam bearbeitet werden können. Gerade sind wir dabei, auf ein dezidiertes Projekt-Management-System umzusteigen. Neben unserem Team, den teilnehmenden Expert*innen und einem Publikum der Acts, gibt es natürlich noch viele weitere Akteur*innen, die wir mit unserem Projekt erreichen und erreichen möchten. Dabei haben wir uns bereits mehrfach mit wissenschaftlichen Publikationen in einem akademischen Kontext vorgestellt, um entweder an Projekten teilzunehmen oder Förderungen durch öffentliche Gelder zu beantragen, die wiederum Arbeitsprozesse mit Hinter- und Vordergrund ermöglichen. Obwohl diese Beiträge an bestimmten Stellen in den Vordergrund gerückt wurden, sind sie trotzdem nicht oder nur teilweise für die weitere Öffentlichkeit zugänglich. Medien – Öffentlichkeit außerhalb des Teams Um das Publikum unserer Acts nicht erst im nächsten Jahr mit den Aufführungen vor vollendete Tatsachen zu stellen, soll das, was im Hintergrund passiert, einsehbar gemacht werden. Über unterschiedliche Kanäle wie zum Beispiel dieses öffentliche Forschungstagebuch möchten wir Einblicke in Gedankenprozesse gewähren und Inhalte, wenn auch nur selektiv, veröffentlichen, um diese aus dem Hintergrund in den Vordergrund zu rücken. Aktueller StandDie Realfiktion soll jedoch erstmal eine Form annehmen, um überhaupt für eine außenstehende Öffentlichkeit verständlich gemacht werden zu können. Letztlich ist es nun mal Ziel des Projekts, eine öffentliche Institution in spielerischen, dramaturgischen Performances ins Leben zu rufen. Dass in Forschungsprojekten wie auch performative Aufführungen die Trennung von Öffentlichem und „Verborgenem“ inhärent ist, ist selbstredend, betrachten wir nur die Trennung von wissenschaftlicher Forschung und deren Veröffentlichung oder die Trennung von Probe und Vorstellung im Kontext des Theaters.Aktuell läuft im Hintergrund vor allem die Planung der Acts, die Zusammenstellung einer Kommission aus Expert*innen und die Ausarbeitung einer Website, welche im Herbst lanciert werden soll. Da durch die Mitglieder* der Klimarechnungshof-Kommission Interessen vertreten werden, ist es uns ein besonderes Anliegen, auf die Berücksichtigung diverser Positionen zu achten. Denn hier wird schließlich entschieden, wie die oben genannten Anliegen – Auto, Schnitzel, Gas-Heizung – mit der Prüfung durch den Klima:rechnungshof aus einem Hinter- in den Vordergrund gerückt werden sollen. SchlussEs zeigt sich, dass unsere Arbeitsweisen von unzähligen Prozessen geprägt sind, die sich zwischen vielschichtigen Hinter- und Vordergründen bewegen. Sobald eine Erkenntnis von einem Hintergrund in einen Vordergrund gerückt wird, kann sie dennoch für einen größeren Vordergrund verborgen bleiben. Bis dieses Projekt nach außen sichtbar und für eine breitere Öffentlichkeit im Vordergrund stattfindet, wird es zunächst durch vielschichtige Prozesse im Hintergrund gestützt, geplant, ausgehandelt und damit gestaltet. Übrigens: Wir haben wir das Projekt auf der Tagung Performanzen & Praktiken. Kollaborative Formate in Wissenschaft und Kunst am Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde der Öffentlichkeit vorgestellt. Zum Programm: www.isgv.de
Eintrag: 15.3.2022Durchsetzung des UmweltrechtsDer Klimarechnungshof kann die fehlende fachliche Expertise liefern, um das jetzt schon bestehende Vollzugsdefizit im Umweltrecht zu verringern. MehrdimensionalitätIm co²-Budget als einzelnem Indikator stellt sich die Mehrdimensionalität und Relationalität des Klimawandels und seiner Folge nicht dar. Der Klima:rechnungshof kann sich in seiner Arbeit nicht auf das System Klima beschränken und muss Interdependenzen und Auswirkungen weiterer Systeme mitbeachten. Hierfür müssen qualitative und quantitative Kennzahlen zusammengedacht werden. Verbindlicher Diskurs/Zivilgesellschaftliche RückbindungUm die Komplexität im Klimawandelwissen zu verringern, benötigt es eine starke Zusammenarbeit von Politik und Gesellschaft, beispielsweise können Indikatoren unter breiter zivilgesellschaftlicher Teilhabe entwickelt werden. Diese müssen auch Raum für den Diskurs nicht-messbarer Daten bieten.Dafür benötigt es neue politische Methoden und Formate des verbindlichen Diskurses, welcher eine Rückbindung an die Zivilgesellschaft darstellt. VisualisierungEine geeignete Visualisierung reduziert nicht per se die Komplexität, sondern bildet die Mehrdimensionalität verständlich ab und erklärt sie. Soziales, ökologisches und ökonomisches wird in der Abbildung zusammen gedacht. Ziel ist ein Anstoßmoment und die reflexive Politisierung der Zivilgesellschaft. Aus dem Handlungsdruck soll eine positive und kreative Perspektive gebildet werden.Eintrag: 8.3.2022Indikator CO2-BudgetDas Konzept eines globalen co²-Budget als Indikator für den Klimawandel ist zweischneidig. Ermöglicht es einerseits eine konkrete Berechnung von Zukunftsentwicklungen und entfaltet darüber ein Mobilisierungspotential, kann das Bild des Budgets andererseits die Ernsthaftigkeit der Krise nicht zu Genüge abbilden, es suggeriert, dass Schulden möglich seien, das Budget überziehbar. Die Frage, was nach Überschreiten des globalen Budgets passiert, kann der K:RH nicht klären. Über die Kontrolle des Budgets kann er jedoch die fehlende Ernsthaftigkeit aufbauen. Lücken in der DatenlageEine größtmögliche Datenlage ist für die Kontrollfunktion des K:RH imminent. Die Installation des K:RH enthält die Chance Lücken in der Datenlage zu füllen. Für die Erhebung der fehlenden Daten benötigt es aber neue (sozial-)wissenschaftliche Methoden. Aus diesen sollte sich eine Perspektive auf Nationalstaaten entwickeln, die diese nicht als homogene Entität sieht, sondern die interne Unterschiede berücksichtigt. Wer zählt in den Daten und wer erzählt wie den Klimawandel?Unterschiedliche numerische Regime konstruieren verschiedene Arten von Klima(wandel)wissen. Diese erzeugen unterschiedlichste Erzählungen über den Klimawandel. In der Prüfung des K:RH und im wichtigen Vergleich mit anderen Ländern müssen diese einbezogen werden. Positive EmotionalisierungDie Bekämpfung der Klimakrise fordert zwei Grundelemente von der neu zu schaffenden Institution Klimarechnungshof: Partizipation und Zeitdruck-Resilienz. Statt der hemmenden Angst sollten motivierende Emotionen hervorgerufen werden, die Momente der positiven Gestaltungsfantasie fördern, neue Lebensstile gemeinsam zu entwickeln. Rolle des K:RH?Noch zu klärende Fragen zur Struktur des K:RH betreffen die demokratische Legitimation des Budgets (wer bestimmt die Zahl?), der Kontrollrichtung (wer kontrolliert wen?) und das Verhältnis und Vergleich von nationalem Treibhausgasbudget und globalem co²-Budget. In letzterem könnte eine zentrale Rolle des K:RH liegen.