Vendetta-Maske


ÖMV/85.312
Die Vendetta-Maske der Anonymous-Bewegung
"V for Vendetta"-Maske aus Kunststoff, sprühbemalt, Einheitsgröße für Erwachsene, innen beim Nasenansatz ein rechteckiges Stück Schaumstoff angeklebt, mit schwarzem Gummiband mit Klettverschluss zum Fixieren am Kopf, oben am Rand eine transparente Aufhängung aus Kunststoff angeklebt.
Innen drei Klebeetiketten mit Angaben zu den Markenrechteinhabern und zur Produktion sowie Kennzeichen für Konsumenten und Artikelnummer.

Geschichte / Museum:
Als Kollegin Elisabeth Egger im Mai 2011 im Internet eine Vendetta-Maske für die Sammlung des Österreichischen Museums für Volkskunde erwarb, war das Symbol der mittlerweile medial-global wirkenden Anonymous-Bewegung schon zum Emblem des Protestes überhaupt geworden. Vielleicht ist es ein wenig zynisch, darauf hinzuweisen, dass der Filmverleiher Warner Bros. - ein profitorientiertes Unternehmen und Teil des Filmestablishments - der Rechteinhaber dieses Symbols ist.
Dem Ankauf lagen zwei Leitmotive zu Grunde: zum einen erinnerte sich Elisabeth Egger der Maskensammlung des Hauses, die seit Leopold Schmidt kaum bearbeitet wird, andererseits wurde sie offenbar von den immer wieder aufflammenden internen Gesprächen über inhaltliche Perspektiven des Hauses inspiriert.
Dem Objekt wurde eine Dokumentation aus Zeitungsausschnitten beigefügt. Später folgte ein "Mini-Display" beim Österreichischen Museumstag 2011 in Graz und 2012 ein Artikel in der Zeitschrift des Museums unter der Rubrik "neuerDings".

Geschichte / Leben / Kontext:
Die Vendetta-Maske greift indirekt die Figur des Guy Fawkes (1570-1606) auf. Der Katholik Fawkes wollte am 5. November 1605 das englische Parlament in die Luft sprengen. Er scheiterte und wurde hingerichtet.
Alan Moore und David Lloyd griffen 1982 in ihrem Comic "V for Vendetta" (dt. "V wie Vendetta") die Figur des Guy Fawkes auf. Im Jahr 2005 folgte eine Filmproduktion unter dem gleichen Titel.
V - Guy Fawkes übt darin mit Maske verkleidet Rache an dem faschistischen, autoritären britischen Staat und schlüpft so in die Rolle eines Freiheitskämpfers. Gleichzeitig verfolgt er einen persönlichen Rachefeldzug, der auch den Namen des Comics begründet.
Anonymous als Internet-Kollektiv entstand aus sogenannten "imageboard groups" oder "chan's" (für channel), Diskussionsforen, die Bilder untereinander austauschen. Medial wahrgenommen wurde Anonymous erstmals 2008 mit Protesten gegen Scientology. Im Jahr 2010 rückte das lose Kollektiv im Zuge der Wikileaks-Affäre in die Wahrnehmung einer breiten Öffentlichkeit. Die Bewegung wurde dabei medial auf ein "Hacker-Kollektiv" reduziert. Anonymous steht heute für ein systemkritisches, aktivistisches Kollektiv mit einem Repertoire an Symbolen und rhetorischen Formeln:
We are Anonymous.
We are Legion.
We do not forgive.
We do not forget.
Expect us.
Die Maske ist neben anderen ikonografischen Elementen die Identität einer entpersonifizierten Bewegung, die keine definierte Führung hat. Die globale Bewegung hat sich dabei im Verlauf der jüngeren Vergangenheit auch "regionalisiert" - AnonAustria ist ein solcher Ableger

In dem Jahr nach dem Ankauf des Objekts war es interessant zu beobachten, wie sich eine Form von politischer Folklore rund um das Symbol von Anonymous etabliert hat: kein Zeitungsfoto von Protesten ohne diese Maske, im polnischen Parlament wurde sie von Abgeordneten bei der Abstimmung über ACTA getragen, nicht viel später brachten in Österreich die Grünen die Maske ins Parlament. Damals betitelte die Wochenzeitung "Der Falter" eine Glosse: "Guy Fawkes sitzt im Bundesrat: Die Grünen kämpfen gegen ACTA". Und weiter: "Bei Demos gehört sie schon zur Standardausstattung, nun hat sie auch im Bundesrat Einzug gehalten: die Guy-Fawkes-Maske". Auf der Straße finden sich Graffitis, die anstelle des "A" für Anarchie das "V" für Vendetta verwenden (z.B U6-Station Thaliastraße und Toilette des Kulturcafés Tachles, Wien). Die Karriere der Anonymous-Bewegung basiert vor allem auf dem Social-Media-Bereich, der wiederum unseren Alltag zunehmend verändert und dynamisiert.

Matthias Beitl
H: 21,4 cm
H mit Aufhängung: 23,1 cm
B: 17,5 cm
T: 10,2 cm



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