Mechanisches Welttheater
ÖMV/41.916/002
Karikatur und Unterhaltungsindustrie des 19. Jahrhunderts
Eine Gruppe von neun Hauptfiguren bildet eine groteske Musikkapelle. Die Figuren werden als Vertreter der damals bestimmenden Nationen charakterisiert: Österreicher mit Schwegelpfeife; Franzose bläst Klarinette; Engländerin spielt Geige; Amerikaner am Kontrabass; in der Mitte der „deutsche Michel“ - eine Art Wirtsfigur mit Zipfelmütze als "Dukatenscheißer"; dahinter Panflöte spielender Teufel; Pulcinella mit schellenbesetztem Spitzhut, Augenmaske und Buckelkorb und mit einer Pritsche als Lärm- und Schlaginstrument in der Hand; eine besonders karikatureske Gitarrespielerin (Böhmin?) mit leerem Buckelkorb (angeblich war früher ein Männchen darin) und ein Mischwesen aus Bär und Affe mit Notenblatt und Stab. Dazu Beiwerk in Form zweier Drachen, einer auf einer Vase sitzenden Eule, eines bellenden und tanzenden Hundes, einer Nixe und eines Korbes mit Flasche und Brot. Kinnladen, Köpfe, Beine und teilweise auch die Arme sind beweglich. Das Ganze ruht auf einer hinten offenen Holzkiste, in der mechanische Stabverbindungen und ein Blasbalg sichtbar sind. Der Schlüssel zum Spielwerk ist nicht mehr vorhanden.
Es gibt die Meinung, das Ganze stellt eine Parodie auf den Wiener Kongress 1814/15 dar, mit dem Fürsten Metternich in der Mitte.
Eine Spruchtafel kommentiert das "europäische Konzert":
Die beste Capell'n is' gwiß dö da all'an'
Es san a dabei d'schönsten G'frießer!
Dö Leut' hab'n halt alle an eigenen Schan'
Und der Michel, am lustigsten is' er!
Geschichte / Museum:
Die genaue Herkunft des Objekts ist nicht überliefert, doch es wurde als "Mechanisches Orchester" inventarisiert, später als "Mechanisches Welttheater" und als "Praterbuden-Schau- und Spielwerk" im Milieu der Schausteller im Wiener Prater situiert. Ausgestellt wurde das karikatureske Werk bisher im Kontext grotesker Volkskunst oder im Zusammenhang mit Zeugnissen der Volksmusik. Derzeit dient es in der Dauerausstellung der Illustration der Verbreitung nationaler Stereotypen in Form einer Volksbelustigung.
Geschichte / Leben / Kontext:
Das Holzschnitzwerk wurde 1932 aus Privatbesitz angekauft. Im Inventar finden sich keinerlei Angaben über nähere Herkunft und Verwendung. Das Objekt entstammt vermutlich dem Umfeld einer meist anonymen Schaustellerkunst, die sich in der Nähe des professionellen Puppenspiels auf Märkten, Plätzen oder an Orten wie dem Wiener Wurstelprater abspielte. Ob jemand mit diesem mechanischen Orchester herumgezogen ist und das Spiel der karikaturesken Figuren mit entsprechenden Texten oder Erläuterungen kommentiert hat, ist nicht bekannt. Anzunehmen ist, dass der Hersteller des Spielwerks bzw. sein Auftraggeber damit ein klares politisches Statement mittels einer drastischen Zeit-Karikatur abgeben wollte. Bis jetzt ist kein derartiges Vergleichsstück in anderen Sammlungen bekannt.
Margot Schindler
Eine Gruppe von neun Hauptfiguren bildet eine groteske Musikkapelle. Die Figuren werden als Vertreter der damals bestimmenden Nationen charakterisiert: Österreicher mit Schwegelpfeife; Franzose bläst Klarinette; Engländerin spielt Geige; Amerikaner am Kontrabass; in der Mitte der „deutsche Michel“ - eine Art Wirtsfigur mit Zipfelmütze als "Dukatenscheißer"; dahinter Panflöte spielender Teufel; Pulcinella mit schellenbesetztem Spitzhut, Augenmaske und Buckelkorb und mit einer Pritsche als Lärm- und Schlaginstrument in der Hand; eine besonders karikatureske Gitarrespielerin (Böhmin?) mit leerem Buckelkorb (angeblich war früher ein Männchen darin) und ein Mischwesen aus Bär und Affe mit Notenblatt und Stab. Dazu Beiwerk in Form zweier Drachen, einer auf einer Vase sitzenden Eule, eines bellenden und tanzenden Hundes, einer Nixe und eines Korbes mit Flasche und Brot. Kinnladen, Köpfe, Beine und teilweise auch die Arme sind beweglich. Das Ganze ruht auf einer hinten offenen Holzkiste, in der mechanische Stabverbindungen und ein Blasbalg sichtbar sind. Der Schlüssel zum Spielwerk ist nicht mehr vorhanden.
Es gibt die Meinung, das Ganze stellt eine Parodie auf den Wiener Kongress 1814/15 dar, mit dem Fürsten Metternich in der Mitte.
Eine Spruchtafel kommentiert das "europäische Konzert":
Die beste Capell'n is' gwiß dö da all'an'
Es san a dabei d'schönsten G'frießer!
Dö Leut' hab'n halt alle an eigenen Schan'
Und der Michel, am lustigsten is' er!
Geschichte / Museum:
Die genaue Herkunft des Objekts ist nicht überliefert, doch es wurde als "Mechanisches Orchester" inventarisiert, später als "Mechanisches Welttheater" und als "Praterbuden-Schau- und Spielwerk" im Milieu der Schausteller im Wiener Prater situiert. Ausgestellt wurde das karikatureske Werk bisher im Kontext grotesker Volkskunst oder im Zusammenhang mit Zeugnissen der Volksmusik. Derzeit dient es in der Dauerausstellung der Illustration der Verbreitung nationaler Stereotypen in Form einer Volksbelustigung.
Geschichte / Leben / Kontext:
Das Holzschnitzwerk wurde 1932 aus Privatbesitz angekauft. Im Inventar finden sich keinerlei Angaben über nähere Herkunft und Verwendung. Das Objekt entstammt vermutlich dem Umfeld einer meist anonymen Schaustellerkunst, die sich in der Nähe des professionellen Puppenspiels auf Märkten, Plätzen oder an Orten wie dem Wiener Wurstelprater abspielte. Ob jemand mit diesem mechanischen Orchester herumgezogen ist und das Spiel der karikaturesken Figuren mit entsprechenden Texten oder Erläuterungen kommentiert hat, ist nicht bekannt. Anzunehmen ist, dass der Hersteller des Spielwerks bzw. sein Auftraggeber damit ein klares politisches Statement mittels einer drastischen Zeit-Karikatur abgeben wollte. Bis jetzt ist kein derartiges Vergleichsstück in anderen Sammlungen bekannt.
Margot Schindler
H: 60 cm
B: 135 cm
T: 43 cm
B: 135 cm
T: 43 cm
Datierung
Material
Abbildung
Sammlung
Objekt wird zitiert in
Beitl, Klaus, Franz Grieshofer, Margot Schindler & Bernhard Tschofen. 1994. Österreichisches Museum für Volkskunde. Schausammlung zur historischen Volkskultur. Begleitbuch. Wien: Österreichisches Museum für Volkskunde, Verein für Volkskunde, S. 70 (Abb.). Schmidt, Leopold. 1968. Die Kunst der Namenlosen. Wiener Volkskunst aus fünf Jahrhunderten. Salzburg, Stuttgart: Das Bergland-Buch, S. 15-16 und Titelbild.
Schmidt, Leopold. 1974. Volksmusik. Zeugnisse ländlichen Musizierens. Salzburg: Residenz Verlag, S. 15, 70 (Katalog Nr. 12), 71 (Abb.), 150.
Schmidt, Leopold. 1975. Die Groteske in der Volkskunst. Wien: Österreichisches Museum für Volkskunde, S. 20 (Katalog Nr. 10) und Titelbild.
Schmidt, Leopold. 1976. Gutes altes Puppenspiel. Beitrag zur 200-Jahr-Feier des Wiener Burgtheaters. Wien: Österreichisches Museum für Volkskunde, S. 13-14, 27 (Katalog Nr. 1).
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