Textilien - Frivolitäten


EMK/4/t006
Bei der Herstellung von Frivolitäten (el-cy: Sg. fervolite // tr-cy: Sg: mekik oyası) arbeitet man mit einem Gerät, das wegen der formalen Ähnlichkeit als Schiffchen (el-cy: makoukoudi // tr-cy: mekik) bezeichnet wird und dem die Spitze auch die Bezeichnung Schiffchenspitze verdankt. Auf dieses Schiffchen, mit dem man in den Händen arbeitet, wird das Garn gewickelt. Die im Handel erhältlichen Schiffchen sind entweder aus Metall oder Plastik und bestehen meistens aus zwei zusammensteckbaren Teilen. In Zypern produzierte man die Schiffchen aus Bambus. Dazu längte man einen Bambusstock passender Dicke so ab, dass sich in der Mitte ein Nodus befand. Hatte man das Gerät zurechtgemacht, bildete er quasi den Mittelsteg, über den das Garn gewickelt wurde. Auch aus Holz gefertigte Schiffchen sind belegt.

Schiffchenspitzen können der Länge nach oder rund und Deckchen in unterschiedlicher Größe und Form gearbeitet werden. In dieser Technik hergestellte Spitzenbordüren wurden an Kleidungsstücke, Kissenbezüge und andere Haushaltstextilien genäht. Traditionell wurden Schiffchenspitzen nur aus weißem oder beigem Baumwollgarn angefertigt.

Bis 1974 waren es die Frauen der im Norden gelegenen Ortschaft Karavas und der benachbarten Orte Kyrenia und Lapithos, die sich durch die Herstellung von Frivolitäten einen Namen gemacht hatten. Heute wird diese Handarbeit in ganz Zypern ausgeübt, als ein Zentrum dafür hat sich Omodos entwickelt.

In der Sammlung Krpata befinden sich mehrere Beispiele dieser Handarbeitstechnik, etwa schmale und breite Spitzenbordüren, die an Deckchen (EMK/4.577) bzw. einen Kissenbezug (EMK/4.954) genäht sind. Das Muster des letzteren finden wir als Kragen umgesetzt (EMK/5.349) wieder. Ein weiterer Kragen ist aus kleinen runden Elementen zusammengesetzt (EMK/4.605), die gleichen Motive sind auch an den runden Mittelteil eines Deckchens (EMK/4.598) angefügt. Eine beliebte, auch bei anderen Handarbeiten praktizierte Technik ist das Zusammensetzen von Deckchen aus vielen kleinen, identen Motiven (EMK/5.349). Bei Frivolitäten wird dies ausschließlich während des Fortschreitens der Arbeit gemacht, wohingegen bei Häkelarbeiten einzelne Elemente auch in einem finalen Akt zusammengehäkelt oder -genäht werden können.

Alle Einrichtungen von Karavas unternehmen große Anstrengungen, diese Tradition der Schiffchenspitzenherstellung aufrechtzuerhalten.
Die Schiffchenspitzentechnik ist bei der UNESCO als immaterielles Kulturerbe im nationalen Verzeichnis Zyperns gelistet.



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Textilien - Frivolitäten - Bild 1
Weiterführende Informationen
Literatur online
Nikosia - Cyprus Handicraft Service: Frivolitäten (Griechisch)

UNESCO - Immaterielles Kulturerbe Zyperns: Fervolites Lace, darunter ein Deckchen, vgl. EMK/4.598; ein Kragen, vgl. EMK/4.605

Literatur klassisch
Çeliker, Dervişe: Geçmişten Günümüze. Kıbrıs Türk işlemeleri [Von der Vergangenheit zur Gegenwart. Handarbeiten der türkischen Zyprioten]. 2. Auflage. Nikosia 2011, hier S. 32, 60.

Cyprus Research Centre & Cyprus National Commission for UNESCO (Hg.): Από την άυλη πολιτιστική κληρονομιά της Κύπρου. / Elements of the intangible cultural heritage of Cyprus. Nikosia 2012, hier S. 124-125.

Yolga, Candaş: Kuzey Kıbrıs’ın somut olmayan kültürel mirası. / The intangible cultural heritage of north Cyprus. Nikosia 2019, hier S. 326-327.

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