Körpergedächtnis

Unterwäsche einer sowjetischen Epoche

Fr, 21.03.2003 – So, 03.08.2003
Unterwäsche: hygienische Notwendigkeit, Objekt der Begierde, erotisches Requisit, Produkt der Modewirtschaft?
Von allem etwas und dazu noch unbewusste letzte Grenze zwischen Persönlichkeit und Gesellschaft, zwischen dem Individuum und seinem sozialen Umfeld. Unterwäsche ist die erste Schicht, die den Körper vor Kälte und vor Blicken schützt und die letzte Schicht vor seiner endgültigen Entblößung.

Der Körper ist Mittel der Selbstinszenierung, Einschreibefläche für kulturelle Werte und Normen, Medium des Gedächtnisses und als solches ein Erinnerungsraum. Der Körper speichert nicht nur Geschmack und Geruch, sondern auch die Materialität dessen, was er trägt: kratzende Wäsche, einschnürende Mieder, scheuernde Gummis, rutschende Träger, kühlende Seide, wärmende Wolle. Er erinnert aber auch sozial und kulturell geformte Empfindungen wie Scham oder Begehren.

Unterwäsche trägt ebensolche Spuren der Erinnerung. Die Ausstellung „Körpergedächtnis“ holt diese Spuren vor dem Hintergrund der kommunistischen Epoche ans Tageslicht. Sie zeigt Unterwäsche, die in Russland und der UdSSR von 1917 bis 1991 hergestellt wurde bzw. dort in Gebrauch war. Seltene Beispiele der Wäschewerbung, Plakate, Graphiken, offizielle und private Fotografien und etwa 200 Wäschestücke erzählen von der authentischen Geschichte privaten Lebens im sowjetischen Russland, vom Sparen und Ausbessern, von der endlosen Suche nach Mangelwaren, von kollektiver Eintönigkeit und individueller Kreativität.

Zur Ausstellung erschien ein Katalog.

in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Museum der Geschichte St. Petersburgs und dem Staatlichen Zentrum für zeitgenössische Kunst Nizhnij Nowgorod.

Projektleitung: Margot Schindler
Kuratierung: Ekaterina Degot, Julia Demidenko
Volkskundemuseum Wien
Otto Wagner Areal, Pavillon 1
Baumgartner Höhe 1, 1140 Wien

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