Volkskundemuseum Wien
Otto Wagner Areal, Pavillon 1
Baumgartner Höhe 1, 1140 Wien
Öffnungszeiten:
Di-Fr: 10-17 Uhr
Sa: 14-17 Uhr
So: 11-17 Uhr
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Postanschrift:
Laudongasse 15-19, 1080 Wien
T: +43 1 406 89 05
F: +43 1 406 89 05.88
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Dienstags, 17 Uhr
Zum Input von Franziska Grillmeier:
Vor zehn Jahren dominierten ankommende Boote mit geflüchteten Menschen die Nachrichten. Zehn Jahre später sind diese Bilder verschwunden – stattdessen mehren sich Berichte über illegale Zurückweisungen in Griechenland, von versteckten Orten, an denen Menschen auf der Flucht brutal entrechtet werden, wie in Kroatien oder Ungarn und von Vorschlägen demokratischer Regierungen, die immer wieder nach Lösungen suchen, internationales Recht zu umgehen und die Genfer Fluchtkonvention auszuhebeln. Parallel dazu dehnt sich die Praxis aus, Menschen, die schon in Europa angekommen sind, an Orte auszuweisen, an denen sie zuvor nie waren, wie zum Beispiel in ein Hochsicherheitslager in Albanien oder, so plante es zuletzt Italien und zuvor Dänemark, in Hotelstrukturen nach Ruanda.
Das wirft Fragen auf: Wie hängt die wachsende Isolation und Entgrenzung von Menschen, die nach Europa fliehen, mit einer politischen und gesellschaftlichen Entsolidarisierung mit den Krisen der Welt zusammen? Und wie verändert der Rückzug der Zeugenschaft und die wachsenden rechtsfreien Räume entlang der Außengrenzen das europäische Verständnis von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit?
Franziska Grillmeier arbeitet als freie Journalistin für deutschsprachige und internationale Medien, darunter ZEIT Online, BBC und The Guardian. Im Frühjahr 2023 veröffentlichte sie ihr Buch The Island: Ein Bericht über den Ausnahmezustand an den Rändern Europas bei C.H.Beck (München).
Sie erhielt investigative Recherchestipendien u.a. für die Berichterstattung über die Sicherheitsarchitektur in den Lagern der Ägäis-Inseln in Griechenland (2021), reiste für eine Reportage über das Verschwinden von Geflüchteten in die Wüste des Niger (2022) und recherchiert momentan zur Migrationspolitik in Dänemark (2025).
Zum Input von Lukas Gahleitner-Gertz
Die Asylpolitik dient immer wieder als Labor. Hier werden Maßnahmen ausprobiert, die teils rechtlich sehr umstritten sind - mit einer Perspektive der Ausdehnung auf andere Bevölkerungsgruppen: Stichwort Bezahlkarte für Asylwerber:innen, Arbeitspflicht, Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten.
Aktuelles Beispiel ist momentan der Stopp des Familiennachzugs: Die Regierung möchte sich nicht mehr an geltendes EU-Recht halten. Sie geht dabei den Weg über die Notfallsklausel. Das Recht sieht vor, dass man in Situationen der Not ausnahmsweise vom geltenden Recht abweichen kann um die öffentliche Ordnung und Sicherheit aufrechtzuerhalten. Voraussetzung dafür ist aber, dass es überhaupt eine Notlage oder eine "gesamtstaatliche Gefährdung der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und inneren Sicherheit" gibt. Nun gibt es unbestritten Probleme und Handlungsbedarf in gewissen Wiener Volksschulen, eine gesamtstaatliche Notlage gibt es aber selbstverständlich nicht. Dennoch hält die Regierung an ihrer Maßnahme des Ausrufens einer gesamtstaatlichen Notlage fest. Das ist ein Akt von executive activism, eine Politik des kalkulierten Rechtsbruchs. Es wird der Druck auf die Judikative erhöht, die diese Maßnahmen unbestritten aufheben wird. Was aber die Regierung dennoch erreicht hat: Die Diskursverschiebung nach rechts zum autoritären Lager.
Lukas Gahleitner-Gertz ist Jurist und Sprecher der asylkoordination österreich. Studium in Innsbruck, Arbeit in Rechtsanwaltskanzlei im Bereich Medienrecht, 15 Jahre Rechtsberatung und -vertretung in asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren, dann Amnesty International Österreich, seit 2019 bei asylkoordination - Plattform für alle haupt- und ehrenamtlich tätigen Organisationen im Bereich Integration und Asyl in Österreich, Öffentlichkeitsarbeit und Lobbying
Institut für Europäische Ethnologie Wien
Hanuschgasse 3, 1010 Wien
Seminarraum 1