Through the Dark

Gesprächsreihe

Tobias Boos (Wien), Wolfie Christl (Wien)

Do, 22.05.2025, 17:00
Freiheit für die Wenigen: Anarchokapitalismus, Tech-Faschismus und der Aufstieg des libertären Autoritarismus in Lateinamerika und den USA
Zum Input von Tobias Boos:
Seit anderthalb Jahren regiert der selbsterklärte „Anarchokapitalist“ Javier Milei in Argentinien. Die Figur Milei mag skurril erscheinen, ist aber Teil allgemeinerer Tendenzen der radikalisierten globalen Rechten. Sie  verbindet regressive Gesellschaftsvorstellungen und individuellen Freiheitsideale mit den Versprechen einer technologiebasierten Modernisierung. Der Vortrag fragt danach, wer die Unterstützer:innen aktueller autoritärer Projekte sind. Warum finden die Ideen von Milei in Argentinien oder Nayib Bukele in El Salvador Anklang in weiten Teilen der Bevölkerung? Welche Versprechungen und Hoffnung adressieren diese politischen Projekte? Und an welche Alltagsrealitäten knüpfen sie an?

Tobias Boos ist Senior Scientist am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien. Er forscht u.a. zur politischen Ökonomie und Sozialstruktur in Lateinamerika. Aktuell beschäftigt er sich mit dem Roll‐out von digitalen Finanztechnologien in den Globalen Süden.

Zum Input von Wolfie Christl:
In den letzten Jahren haben sich die Tech-Bros und Plattform-Oligarchen im Silicon Valley hart nach rechts bewegt und sich teils in einer Weise radikalisiert, die klar als rechtsextrem eingestuft werden muss. Damit nicht genug, haben Elon Musk, Peter Thiel und andere Milliardäre nun praktisch die Macht in den USA übernommen und arbeiten an der Abschaffung jeglicher verbliebenen Reste von Demokratie und am „disruptiven“ Umbau der Supermacht in eine autokratische Willkürherrschaft. Im Namen der Meinungsfreiheit wird dieselbe mit Füssen getreten. Im Namen der Rebellion gegen imaginierte Eliten übernehmen ganz reale Eliten die Macht. Wie konnte es dazu kommen? Gibt es direkte Linien von der „kalifornischen Ideologie“ der 1990er zum aktuellen Desaster? Welche bislang randständigen Ideen haben Einfluss auf die abgedrifteten Tech-Oligarchen – von „Neoreaction“, „Dark Enlightenment und „Network State“ bis „AI Singularity“, „Effective Accelerationism“ und „Longtermism“? Inwiefern ist es gerechtfertigt, hier vom Tech-Faschismus zu sprechen?
 
Wolfie Christl lebt in Wien und ist Techniker, Forscher und Publizist mit einem Hintergrund in Soziologie und Medienkunst. Er arbeitet seit vielen Jahren zu Technologie und Gesellschaft im digitalen Kapitalismus – bis 2006 als Mitarbeiter der Wiener Netzkulturplattform Public Netbase. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte sind der kommerzielle Missbrauch von Verbraucherdaten, algorithmische Entscheidungssysteme, die Macht der Plattformkonzerne und Digitalisierung in der Arbeitswelt. Er hat mehrere Studien zu digitaler Überwachung und Kontrolle veröffentlicht, die global wahrgenommen wurden und zu DSGVO-Strafen und Klagen gegen illegale Datenpraktiken beigetragen haben. Christl und seine Projekte wurden u. a. in der New York Times, dem Wall Street Journal und der Financial Times zitiert.
wolfie.crackedlabs.org


Ort:
Institut für Europäische Ethnologie Wien 
Hanuschgasse 3, 1010 Wien
Seminarraum 1 
Livestream online verfügbar unter: euroethnologie.univie.ac.at

Die Gesprächsreihe Leben in autoritären Zeiten: Kulturwissenschaftliche Analysen und kulturelle Interventionen ist eine Kooperation mit dem Institut für Europäische Ethnologie der Universität Wien und findet im Rahmen des Programms Through the Dark statt.

Volkskundemuseum Wien
Otto Wagner Areal, Pavillon 1
Baumgartner Höhe 1, 1140 Wien

Öffnungszeiten:
Di-Fr: 10-17 Uhr
Sa: 14-17 Uhr
So: 11-17 Uhr
Anfahrt

Postanschrift:
Laudongasse 15-19, 1080 Wien

T: +43 1 406 89 05
F: +43 1 406 89 05.88
E: office@volkskundemuseum.at

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