Volkskundemuseum Wien
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Zentrales Motiv der Arbeit ist ein Mythos, der im sechzehnten Jahrhundert während Ferdinand Magellans Suche nach einem Seeweg gen Westen zu den „Gewürzinseln“ (die indonesische Inselgruppe Molukken) entstand. Dabei gelangte ein von Antonio Pigafetta aufgezeichneter Bericht über ein in Patagonien lebendes Volk von Riesen nach Europa, der dort für zweieinhalb Jahrhunderte zirkulierte.
Die Arbeit hebt die Wichtigkeit von Mythen in Hinblick auf die Konstruktion von Erzählungen und Sinngebung hervor. Anhand von verschiedenen Materialien wie Zitaten, Karten und Objekten, stellt die Künstlerin historische und gegenwärtige Berichte einander gegenüber. Dabei möchte sie Einblicke in unterschiedliche visuelle Repräsentationsmethoden geben und darstellen, wie diese anhand von Erwartungen, speziellen Motiven und Wünschen der jeweiligen Entstehungskultur verändert werden.
Installation - Einleitung
Antonio Pigafetta, der Ferdinand Magellan auf seiner Weltumsegelung 1519-1522 begleitet, berichtete in seiner Reisebeschreibung von Riesen, die sie in Patagonien gesichtet hatten. Aus diesem Bericht entwickelte sich schnell ein Mythos, der um die 200 Jahre zirkulierte. In ihrer Masterarbeit am Institut für Art & Science an der Universität für angewandte Kunst ging die Medienkünstlerin Isidora Krstic von dieser phantasmagorischen Erzählung aus. Wie kommt es, dass Mythen so einflussreich sind, und unsere Urteile und Meinungen über Menschen, Orte und Dinge, die wir nur aus Berichten kennen, so mächtig werden können?
Isidora Krstic befragte weiters die Rolle, die Narrationen vom Fremden (das können Berichte, Bilder und andere Formen der Datenerhebung sein) in der Wissensproduktion spielen. Wie erzeugen Wissenschaften unsere Kenntnis von Kulturen und Territorien? Neben dem schriftlich-theoretischen Teil dieser Masterarbeit präsentiert sie im Volskundemuseum Wien ihre künstlerische Auseinandersetzung mit diesen Fragen.
Installation - Teil 1
Als Projektionsfläche dient ein Duschvorhang mit dem Abbild einer als exotisch und paradiesisch angesehenen Strandszene - für manche Menschen ein Sehnsuchtsort. Bilder wie dieses gibt es in Massen, hier ist es ein positiv aufgeladenes Sinnbild für einen mythischen Ort. Der darauf projizierte Text ist allerdings verschwommen. Erst die MuseumsbesucherIn kann den Text Antonio Pigafettas lesbar werden lassen. Dafür nimmt man eines der transparenten Papierblätter vom danebenliegenden Stapel und stellt sich mit dem Rücken zur Leinwand in die Projektion. Damit gerät der Sehnsuchtsort aus dem Blick, es entsteht Distanz dazu. Auf dem Blatt ist der Umriss jenes Teils von Südamerika eingezeichnet, in dem der Mythos der Riesen von Patagonien spielt. Auf dem transparenten Papier lässt sich der Text durch Vor- und Zurückbewegen im Licht der Projektion scharfstellen. Erst damit kann der Museumsgast den Originalbericht von Antonio Pigafetta lesen.
Sinnbildlich werden hier mehrere Prozesse nachvollzogen, die beim Wirken von Mythen ablaufen: Wollen wir Erzählungen vom Fremden genauer in den Blick nehmen, müssen wir uns gleichzeitig von unseren Sehnsüchten distanzieren. Ohne Werkzeuge ist das nicht machbar – wir brauchen genauere Informationen, die uns medial vermittelt werden.
Installation - Teil 2
Prozesse der Wissensproduktion waren und sind teils noch immer problematisch. Das trifft vor allem in jenen Wissenschaften, die sich mit dem „Exotischen“ beschäftigen zu, beispielsweise der Ethnologie und Anthropologie. In der Vitrine liegt ein Herz aus Keramik – es soll das Herz eines Riesen auf einem „paradiesischen“ Sandstrand darstellen. In unseren mythischen Erzählungen werden die Protagonisten zu Objekten. So geschah es auch in der Vergangenheit in den wissenschaftlichen Erkundungen bestimmter Regionen. Der zugeschriebene Primitivismus führte zu einer Abwertung und zu einer Ignoranz von Individualität und Persönlichkeit.
Isidora Krstic will durch die künstlerische Aufwertung stellvertretend einem Riesen sein Herz zurückgeben. Die Aura des Kostbaren und Zerbrechlichen, die dem Herzen aus Porzellan anhaftet, wird verstärkt durch die Präsentation in der Vitrine.
Isidora Krstic, geboren 1987 in Belgrad, lebt und arbeitet in Wien seit 2012. Studium der Malerei an der Fakultät für Bildende Kunst in Belgrad (2005-2011), Masterstudium Art & Science an der Universität für Angewandte Kunst in Wien (2012-2016). Ausstellungen in ganz Europa seit 2008, unter anderem in Istanbul, Amsterdam, Brüssel, Basel, Berlin, Budapest und vielfach in Wien, Italien und der Tschechischen Republik. Sie ist Mitbegründerin des U10 Art Space in Belgrad.
Fotocredit:
Illustration aus dem “Journal of Magellan's Voyage”, ca. 1525
Autor: Antonio Pigafetta, ca. 1480/91-ca. 1534
Quelle: Beinecke Rare Book and Manuscript Library, Yale University Library
Die Arbeit hebt die Wichtigkeit von Mythen in Hinblick auf die Konstruktion von Erzählungen und Sinngebung hervor. Anhand von verschiedenen Materialien wie Zitaten, Karten und Objekten, stellt die Künstlerin historische und gegenwärtige Berichte einander gegenüber. Dabei möchte sie Einblicke in unterschiedliche visuelle Repräsentationsmethoden geben und darstellen, wie diese anhand von Erwartungen, speziellen Motiven und Wünschen der jeweiligen Entstehungskultur verändert werden.
Installation - Einleitung
Antonio Pigafetta, der Ferdinand Magellan auf seiner Weltumsegelung 1519-1522 begleitet, berichtete in seiner Reisebeschreibung von Riesen, die sie in Patagonien gesichtet hatten. Aus diesem Bericht entwickelte sich schnell ein Mythos, der um die 200 Jahre zirkulierte. In ihrer Masterarbeit am Institut für Art & Science an der Universität für angewandte Kunst ging die Medienkünstlerin Isidora Krstic von dieser phantasmagorischen Erzählung aus. Wie kommt es, dass Mythen so einflussreich sind, und unsere Urteile und Meinungen über Menschen, Orte und Dinge, die wir nur aus Berichten kennen, so mächtig werden können?
Isidora Krstic befragte weiters die Rolle, die Narrationen vom Fremden (das können Berichte, Bilder und andere Formen der Datenerhebung sein) in der Wissensproduktion spielen. Wie erzeugen Wissenschaften unsere Kenntnis von Kulturen und Territorien? Neben dem schriftlich-theoretischen Teil dieser Masterarbeit präsentiert sie im Volskundemuseum Wien ihre künstlerische Auseinandersetzung mit diesen Fragen.
Installation - Teil 1
Als Projektionsfläche dient ein Duschvorhang mit dem Abbild einer als exotisch und paradiesisch angesehenen Strandszene - für manche Menschen ein Sehnsuchtsort. Bilder wie dieses gibt es in Massen, hier ist es ein positiv aufgeladenes Sinnbild für einen mythischen Ort. Der darauf projizierte Text ist allerdings verschwommen. Erst die MuseumsbesucherIn kann den Text Antonio Pigafettas lesbar werden lassen. Dafür nimmt man eines der transparenten Papierblätter vom danebenliegenden Stapel und stellt sich mit dem Rücken zur Leinwand in die Projektion. Damit gerät der Sehnsuchtsort aus dem Blick, es entsteht Distanz dazu. Auf dem Blatt ist der Umriss jenes Teils von Südamerika eingezeichnet, in dem der Mythos der Riesen von Patagonien spielt. Auf dem transparenten Papier lässt sich der Text durch Vor- und Zurückbewegen im Licht der Projektion scharfstellen. Erst damit kann der Museumsgast den Originalbericht von Antonio Pigafetta lesen.
Sinnbildlich werden hier mehrere Prozesse nachvollzogen, die beim Wirken von Mythen ablaufen: Wollen wir Erzählungen vom Fremden genauer in den Blick nehmen, müssen wir uns gleichzeitig von unseren Sehnsüchten distanzieren. Ohne Werkzeuge ist das nicht machbar – wir brauchen genauere Informationen, die uns medial vermittelt werden.
Installation - Teil 2
Prozesse der Wissensproduktion waren und sind teils noch immer problematisch. Das trifft vor allem in jenen Wissenschaften, die sich mit dem „Exotischen“ beschäftigen zu, beispielsweise der Ethnologie und Anthropologie. In der Vitrine liegt ein Herz aus Keramik – es soll das Herz eines Riesen auf einem „paradiesischen“ Sandstrand darstellen. In unseren mythischen Erzählungen werden die Protagonisten zu Objekten. So geschah es auch in der Vergangenheit in den wissenschaftlichen Erkundungen bestimmter Regionen. Der zugeschriebene Primitivismus führte zu einer Abwertung und zu einer Ignoranz von Individualität und Persönlichkeit.
Isidora Krstic will durch die künstlerische Aufwertung stellvertretend einem Riesen sein Herz zurückgeben. Die Aura des Kostbaren und Zerbrechlichen, die dem Herzen aus Porzellan anhaftet, wird verstärkt durch die Präsentation in der Vitrine.
Isidora Krstic, geboren 1987 in Belgrad, lebt und arbeitet in Wien seit 2012. Studium der Malerei an der Fakultät für Bildende Kunst in Belgrad (2005-2011), Masterstudium Art & Science an der Universität für Angewandte Kunst in Wien (2012-2016). Ausstellungen in ganz Europa seit 2008, unter anderem in Istanbul, Amsterdam, Brüssel, Basel, Berlin, Budapest und vielfach in Wien, Italien und der Tschechischen Republik. Sie ist Mitbegründerin des U10 Art Space in Belgrad.
Fotocredit:
Illustration aus dem “Journal of Magellan's Voyage”, ca. 1525
Autor: Antonio Pigafetta, ca. 1480/91-ca. 1534
Quelle: Beinecke Rare Book and Manuscript Library, Yale University Library